Neue Nasa-Mission:Zurück zum Anfang

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Auf der Suche nach den Sternen der ersten Stunde: Das James-Webb-Weltraumteleskop soll als Hubble-Nachfolger den Ursprung des Universums ergründen.

Von Thomas Bührke

Noch liefert das Weltraumteleskop Hubble gestochen scharfe Bilder aus dem All. Doch die Weltraumbehörde Nasa arbeitet bereits an seinem Nachfolger, dem James-Webb-Weltraumteleskop.

Sucht einen Nachfolger im All: Teleskop Hubble. (Foto: Foto: dpa)

Mitte 2011 soll es mit der europäischen Trägerrakete Ariane 5 ins All gelangen. Rund 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt wird es, so plant die Nasa, im Universum nach den Sternen der ersten Stunde suchen und Planeten fotografieren, die um ferne Sterne kreisen. James Webb wird das größte Teleskop sein, das jemals ins All gelangt ist.

Der Sammelspiegel etwa ist so groß dimensioniert, dass er in keine Rakete passt - für den Transport muss er zusammengefaltet werden. Der Bau des Riesen läuft jetzt in den USA an.

Der Hubble-Nachfolger, der anders als sein Vorgänger nicht im sichtbaren Licht, sondern im Infrarotbereich beobachtet, wird sich für fast alle astronomischen Fragen einsetzen lassen. Besondere Erkenntnisse erhoffen sich die Forscher jedoch zum Beispiel über die Entstehung von Sternen und Planeten. Deren Geburtsstätten liegen tief verborgen im Inneren dichter Staubwolken. Infrarotlicht durchdringt diese Materie und erschließt die sonst verhüllten Bereiche.

Forschen nach dem Wann und Wie des Urknalls

Kosmologen wollen mit James Webb erforschen, wann und wie nach dem Urknall die ersten Sterne und Galaxien entstanden sind. Die Urahnen unserer Sonne waren sehr heiß und strahlten intensiv im ultravioletten Bereich. Durch die Expansion des Universums wurde die Wellenlänge dieser Strahlung stark gedehnt. Dieser so genannte Rotverschiebungseffekt bewirkt, dass die einstige UV-Strahlung bei uns als Infrarotstrahlung ankommt.

James Webb soll zehn- bis hundertmal lichtschwächere Objekte finden als Hubble und auch Sterne aufspüren, die wenige zehn Millionen Jahre nach dem Urknall existiert haben. Nicht zuletzt hofft man, extrasolare Planeten beobachten und deren Licht spektral zerlegen zu können. So ließe sich feststellen, ob ein Körper von einer Atmosphäre umgeben ist und woraus diese besteht.

Als größte technische Herausforderung in diesem Projekt gilt der Bau des Spiegels mit einem Durchmesser von 6,5 Metern. Den Auftrag über 825 Millionen Dollar vergab die Nasa an das kalifornische Unternehmen Northrop Grumman. Die Gesamtkosten des James-Webb-Teleskops werden derzeit auf 1,5 Milliarden Dollar veranschlagt, wovon die Europäische Weltraumbehörde Esa etwa 200Millionen Dollar übernimmt. Der Kostenverteilung entsprechend werden später auch Europas Astronomen Beobachtungszeit an dem Himmelsauge erhalten.

Bei der Entwicklung des Spiegels haben sich die Spezialisten einer eigens gegründeten Northrop-Grumman-Tochter Ende letzten Jahres auf das Grundkonzept geeinigt. Demnach wird der Reflektor aus 18 hexagonal geformten, 1,30Meter großen Segmenten bestehen, die in der Rakete zusammengeklappt sind. Erst im Weltraum entfalten sich die Einzelteile wie Blütenblätter.

Nie zuvor haben Ingenieure ein solch kniffliges Manöver gewagt, bei dem die Präzision alles entscheidet. Die Spiegelform darf nämlich nicht mehr als wenige hunderttausendstel Millimeter vom Ideal abweichen. Ein intelligentes System an Bord des Teleskops soll dabei die einzelnen Reflektoren mit Hilfe winziger Stellelemente, die auf der Rückseite des Spiegels auf einer festen Struktur angebracht sind, in die rechte Lage rücken.

Nicht nur bei der Konstruktion, sondern auch bei der Wahl des Materials geht Northrop Grumman neue Wege. Anstelle der bislang üblichen Glaskeramiken entschieden sich die Fachleute für Beryllium. Fast eine Weltjahresproduktion dieses leichtesten aller Metalle wird die Nasa hierfür aufkaufen müssen.

Der Vorteil: Beryllium lässt sich verhältnismäßig einfach verarbeiten und bleibt auch bei der späteren Arbeitstemperatur von minus 230 Grad Celsius noch stabil. Reparaturen unmöglich

Anforderungen bei der Leichtbauweise

Das Unternehmen strebt derzeit an, den Spiegel so dünn zu machen, dass er mit 380 Kilogramm nicht einmal halb so viel wiegt wie der von Hubble, aber zweieinhalb mal größer ist. Diese Leichtbauweise stellt ganz erhebliche Anforderungen an die Methoden, mit denen die Spiegelform getestet werden muss. Alle Untersuchungen haben bei minus 230 Grad Celsius zu erfolgen. Auch müssen die Ingenieure berücksichtigen, dass der Spiegel später in der Schwerelosigkeit unter anderen Kräfteverhältnissen arbeitet.

Einen neuerlichen Fehler wie bei Hubble, dessen Hauptspiegel einen Sehfehler hatte, können sich die Konstrukteure dieses Mal nicht leisten. Das James-Webb-Teleskop wird 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt am so genannten Lagrange-Punkt L2 arbeiten. Dort ist es für das Space Shuttle unerreichbar. Auch die drei Messinstrumente lassen sich anders als bei Hubble nie durch neu entwickelte Geräte austauschen.

Dass das James-Webb-Teleskop nicht in einer erdnahen Umlaufbahn fliegen wird wie sein Vorgänger, hat mehrere Gründe. Zum einen verdeckt die Erdkugel dort draußen nicht die Sicht auf einen Großteil des Himmels. Zum anderen ist Infrarotstrahlung Wärmestrahlung, sodass man das Teleskop und die Instrumente von jeglicher Wärmequelle fern halten muss, auch von der Erde. Deshalb wird zudem eine mehrlagige, entfaltbare Folie von der Größe eines Tennisfeldes das Teleskop vor Sonnenlicht schützen.

Sie besitzt an der Oberseite Solarzellen für die Stromversorgung. Das Teleskop kühlt sich im Schatten auf minus 230 Grad Celsius ab, eine zusätzliche aktive Kühlung bringt eines der wissenschaftlichen Instrumente sogar auf die Betriebstemperatur von minus 260 Grad Celsius.

Drei Instrumente wird das Teleskop bekommen. Mit ihnen können die Forscher Himmelskörper direkt aufnehmen oder deren Infrarotlicht spektral zerlegen. Eines von ihnen, der Spektrograph Nirspec, baut der Weltraumkonzern EADS Astrium in Friedrichshafen und Ottobrunn im Auftrag der Esa. Dieses Instrument kann Strahlungen von den weitest entfernten Galaxien aufspüren und mehr als hundert Objekte gleichzeitig beobachten.

Eine weitere Kamera für den mittleren Infrarotbereich wird gemeinsam von amerikanischen und europäischen Instituten entwickelt und gebaut. Das Management übernimmt EADS.

© SZ vom 11.1.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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