Neue LED-Technik:Leuchtende Wolkenkratzer aus Kristallen

Nano-LED

Herstellung einer Nano-LED

(Foto: Armin Weigel)

Kleinere LEDs mit der gleichen Leuchtkraft: Nanotechnologie könnte die Produktion von Leuchtdioden verändern - die winzigen Änderungen haben große Auswirkungen.

Von Andreas Wenleder

Die nächste Generation von Leuchtdioden (LEDs) hat eine Skyline - zumindest unter dem Elektronenmikroskop. Winzige Kristallsäulen ragen im Zentrum dieser neuen Lämpchen aus einem Chip. Präzise angeordnet stehen sie wie freistehende Wolkenkratzer im Raum, sechseckig mit Spitze. Der Abstand zwischen ihnen ist exakt vermessen. Fließt Strom durch die Säulen, beginnen sie zu leuchten. Die Forscher der Firma Osram nennen die leuchtenden Wolkenkratzer "3D-Nano-LEDs". Sie könnten in ein paar Jahren die bisherige Leuchtdioden-Technik ersetzen und die Produktion von Lampen und Scheinwerfern günstiger machen.

Bisher sind LEDs glatt. Ihre Oberfläche bildet ein flacher Halbleiterkristall. Fließt durch diesen Strom, werden Lichtteilchen, sogenannte Photonen, freigesetzt. Dieses Licht wird bei einer glatten Oberfläche nur in eine Richtung abgegeben, nach oben. Außerdem ist die Oberfläche begrenzt, auf der die Photonen erzeugt werden. Dieses Verfahren hat sich über Jahre bewährt und ist gängige Praxis.

Neue LED-Technik: Computersimulation der Licht-Kristalle

Computersimulation der Licht-Kristalle

(Foto: Osram)

Für die Entwicklung der 3D-Nano-LEDs nutzen die Wissenschaftler einen Trick, der auf die Arbeit spanischer und japanischer Wissenschaftler aus den Neunzigerjahren zurückgeht. Sie lassen die Kristalle nach oben wachsen. Dazu wird auf dem Chip eine sehr dünne Glasschicht aufgetragen. In diese werden Löcher geätzt, aus denen dann die Kristalle wachsen können. Winzige sechseckige Säulen entstehen - ein Wald aus Halbleiterkristallen. Die Säulen können die Photonen nicht nur an der Spitze abgegeben, ihre Wände leuchten auch zur Seite. "Wir sorgen, wenn man so will, für mehr Fassadenfläche auf gleicher Grundstücksgröße", sagt Projektleiter Martin Strassburg von Osram in Regensburg. Im Vergleich zu herkömmlichen LEDs könnte dieser Trick bis zu zehn Prozent mehr Licht auf gleicher Fläche ermöglichen. Die LED-Chips könnten dann bei gleicher Lichtstärke kleiner als bisher werden. Die Forscher hoffen, dass dadurch auch die Produktionskosten sinken.

Warmes Licht dank Phosphor

Für das menschliche Auge sind die Kristallsäulen auf den LED-Chips nicht zu sehen. Die Kristalle ragen nur zwischen fünf und zwanzig Mikrometer aus dem Chip, viel weniger als der Durchmesser eines Haares. Doch diese winzige Veränderung der Oberfläche reicht aus, um mehr Licht mit der gleichen LED-Chip-Fläche zu erzielen. In einigen Jahren sollen die ersten Nano-LEDs in den Markt kommen, hofft Strassburg. Sie könnten überall eingesetzt werden, wo schon heute LEDs verwendet werden. Außer der Größe der Chips würde sich nicht viel ändern. Der Energieverbrauch wäre auch bei Nano-LEDs besser als bei vergleichbar hellen Glühbirnen oder Energiesparlampen. Vorher müssen sich die Nano-LEDs aber noch gegen die etablierte Technik mit flachen Halbleiterkristallen durchsetzen. Ob das gelingt, ist nicht sicher.

Ein Problem auf dem Weg zur Marktreife haben die Osram-Forscher schon lösen können: Ihre Nano-LEDs können weißes Licht erzeugen. Dazu verwenden sie Kristalle aus Galliumnitrid, die zuerst blaues Licht abgeben, das anschließend in weißes Licht umgewandelt wird. Das klingt widersprüchlich und ineffizient, ist aber gängige Praxis in der LED-Produktion. Denn blau leuchtende LED-Kristalle arbeiten physikalisch am effizientesten. "Selbst für grünes Licht nimmt man üblicherweise Kristalle, die blaues Licht abgeben und wandelt es dann um", sagt Strassburg. "Grüne-LEDs sind weit weniger effizient". Das blaue Licht wird durch Phosphor umgewandelt, der zwischen den winzigen Kristallsäulen platziert wird. Die Abstände sind dabei so klein, dass der für diesen Zweck üblicherweise verwendete Phosphor zu grobkörnig ist. Die Lösung: Der Phosphor wird zusätzlich geschrotet und das auf wenige Mikrometer genau. Nur so kann er die Kristallstäbe vollkommen umschließen und das Licht vollständig umwandeln. Auch für die Lichtqualität ist der Phosphor wichtig. Seine Beschaffenheit entscheidet, ob das erzeugte Licht eher blau und kalt ist, oder eher dem wärmeren Licht einer Glühbirne entspricht. "Noch ist die Farbtemperatur unserer Nano-LEDs sehr kalt, etwa wie im Hochsommer am Mittelmeer. Mit einem neuen Phosphor wollen wir das Licht wärmer machen", sagt Strassburg.

Auch Forscher an den Universitäten Kassel und Braunschweig arbeiten derzeit an Nano-LEDs. Die EU unterstützt einzelne Projekte finanziell. Wenn die Förderung ausläuft, müssen sich die Nano-LEDs dem Wettbewerb mit ihren flachen Verwandten stellen. Wer am Ende vorne liegt, darüber entscheiden Mikrometer.

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