Neandertaler:Rotschopf der Urzeit

Rote Haare und helle Haut - so könnte gemäß der Genanalyse eines internationalen Forscherteams ein Teil der Neandertaler ausgesehen haben.

Marlies Michaelis/AFP

Mittlerweile können Forscher auch das Erbgut ausgestorbener Arten entschlüsseln und so entscheidend dazu beitragen, das Aussehen längst verblichener Lebewesen zu rekonstruieren.

Neandertaler: Moderner Mensch und Neandertaler im Vergleich. Rote Haare gab es auch bei den Urmenschen.

Moderner Mensch und Neandertaler im Vergleich. Rote Haare gab es auch bei den Urmenschen.

(Foto: Foto: Knut Finstermeier, MPI; Neanderthaler Rekonstruktion: Reiss-Engelhorn-Museum,Mannheim)

So ermittelten Holger Römpler von der Universität Leipzig und seine Kollegen vom Leipziger Max-Planck Institut und der Universität Barcelona mit einem speziellen Verfahren, dass einige frühe Verwandten des Menschen wahrscheinlich rote Haare und eine helle Haut hatten. Das berichten die Forscher im Fachmagazin Science (online).

Die Wissenschaftler untersuchten Knochen von unterschiedlichen Neandertalern - einer von ihnen ist 43.000 Jahre alt und wurde in Spanien gefunden, der andere zählt rund 50.000 Jahre und stammt aus Italien.

Die Forscher extrahierten aus den Knochen die DNA und bestimmten einzelne Abschnitte eines bestimmten Gens. "Die beiden Neandertaler, welche wir untersucht haben, wiesen eine Mutation auf, die wir von modernen Menschen nicht kennen", so Römpler.

Mutation in menschlichen Zellen simuliert

Die Forscher simulierten eine entsprechende Mutation in menschlichen Zellen. Das Ergebnis: Bei Menschen führt dies zu roten Haaren und heller Haut. Denn der entsprechend mutierte Genabschnitt des Neandertalers sorgt bei normaler Funktion zum Ausgleich zwischen dunkleren und helleren Hautpigmenten.

Für eine helle Hautfarbe spricht auch die Überlegung, dass Pigmente einer dunkleren Haut die Vitamin-D-Produktion erschweren. So wäre es für die Neandertaler - wie auch für heutige Menschen in Mitteleuropa - für den Vitaminhaushalt günstiger, eine helle Hautfarbe zu haben, sofern es die UV-Strahlung erlaubt, von der wiederum die dunkleren Pigmente schützen.

Römpler geht außerdem davon aus, dass die Neandertaler unterschiedliche Haarfarben hatten. Um zu ermitteln, welche Bandbreite an Haarfarben es bei den Neandertalern gab, müsse man aber, so Römpler, rund ein Duzend Gene untersuchen.

Die Arbeit der Forscher an den Genen längst ausgestorbener Arbeiten entspricht der Arbeit von Detektiven an einem längst verlassenen Tatort: Es sind nur noch Bruchstücke des ursprünglichen Geschehens vorhanden. Denn nicht alle Überreste der Neandertaler eignen sich als Untersuchungsobjekt.

Die enthaltene DNA baut sich - abhängig von den äußeren Faktoren - unterschiedlich ab. So hat beispielsweise der Permafrost die DNA von Mammuts gut erhalten.

Bakterien dagegen machen so mancher DNA den Garaus. Deswegen müssen die Forscher oft mit Bruchstücken der Erbinformationen arbeiten. Eine andere Schwierigkeit: Die Wissenschaftler müssen zudem sicherstellen, dass die Neandertaler-DNA nicht mit dem Erbgut von heutigen Menschen vermischt ist.

Beispielsweise untersuchten die Forscher die DNA von 3.700 Menschen, um sicherzustellen, dass die Proben aus den Neandertaler-Knochen nicht verunreinigt wurden.

Die neue Forschungsmethode ist jedoch nicht nur zur Bestimmung der Haarfarbe von Neandertalern wichtig: "Damit eröffnen wir die Möglichkeit, Eigenschaften und Aussehen von ausgestorbenen Lebewesen zu rekonstruieren", so Römpler.

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