Nasa-Marsrover "Spirit":Abschied von einem Kämpfer

"Spirit" war ein Glücksfall für die Nasa: Nur 90 Tage sollte der Marsrover nach der Landung auf dem Roten Planeten 2004 durchhalten. Es wurden mehr als sechs Jahre daraus. Doch jetzt erklärt ihn die Nasa für verloren.

Alexander Stirn

Die Nachricht vom Ableben eines ihrer treuesten Mitarbeiter ist der US-Raumfahrtbehörde Nasa gerade einmal 20 Zeilen wert. Es sind 20 kühl und bürokratisch formulierte Zeilen. Dabei heißt es Abschied nehmen von einem geborenen Entdecker, einem harten Hund, jemandem, der Raumfahrtgeschichte geschrieben hat.

Rover Spirit

Einige Tage nach seiner Landung auf dem Mars am 4. Januar 2004 schickte der Marsrover Spirit diese Aufnahme zur Erde zurück.

(Foto: AP)

Sicherlich, das Ende war absehbar: Seit April 2009 steckte der kleine Mars-Rover Spirit im Sand des roten Planeten fest, am 22. März 2010 hatte er das letzte Mal von sich hören lassen. Alle Versuche, den außerirdischen Roboter doch noch dazu zu bringen, nach Hause zu telefonieren, blieben erfolglos. Trotzdem hatte es die Nasa immer wieder versucht.

Jetzt soll offiziell Schluss damit sein. Am Mittwoch, kurz nach neun Uhr deutscher Zeit, erreichte Spirit nochmals ein Weckruf von der Erde. Passiert kein Wunder (und Ingenieure glauben nicht an Wunder), wird es der letzte Versuch einer Kontaktaufnahme gewesen sein. Aus, vorbei, für immer verschollen.

Spirit war ein Glücksfall für die Nasa - technisch, wissenschaftlich und medial. Eigentlich sollte der rollende Eroberer, der am 4. Januar 2004 auf dem Mars gelandet war, nur 90 Tage durchhalten. Es wurden mehr als sechs Jahre daraus. Kaum eine Nasa-Mitteilung kommt seitdem ohne den Satz aus, dass Spirit seine "Garantiezeit" um ein Vielfaches überschritten habe. Er ist eine technische Meisterleistung, fast ist man versucht zu sagen, ein technisches Wunder.

Vor allem hat Spirit aber unser Bild vom Mars verändert - und es waren dabei gar nicht so sehr die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die der Rover zusammen mit seinem drei Wochen später gelandeten, noch immer aktiven Zwilling Opportunity zur Erde gefunkt hat. Es war schlichtweg seine bildgewaltige Präsenz vor Ort: Spirit verhielt sich wie ein Entdecker. Er kletterte auf Hügel, er rollte zu Aussichtspunkten, er legte lange Strecken am Stück zurück. Und immer ließ er die Menschen an seinen Abenteuern teilhaben - durch täglich neue Fotos, durch Forschungsergebnisse, durch Berichte über Wehwehchen, die ihn nur noch menschlicher erscheinen ließen. "Spirits großer immaterieller Verdienst besteht darin, dass er den Mars zu einem uns vertrauten Ort gemacht hat", sagt Projektmanager John Callas. "Sechs Jahre lang haben Menschen täglich auf dem Mars gearbeitet - durch den Rover."

Spirit war ein Kämpfer. Bereits drei Wochen nach seiner Landung spielte der Speicher des Bordcomputers verrückt. Spirit biss sich durch. Während des ersten Winters auf dem Mars, für den er eigentlich nicht gebaut war, bedeckte Staub seine Sonnenkollektoren und schwächte das ohnehin nur fade Licht. Spirit gab nicht auf. Im zweiten Winter parkten ihn seine Fahrer am Hang, um mehr Energie einsammeln zu können.

Nach sieben Kilometern streikte das rechte Vorderrad. Spirit fuhr fortan nur noch rückwärts, schleifte das defekte Rad hinter sich her und legte dabei durch Zufall silikatreichen Sand frei - ein Hinweis darauf, dass es einst hydrothermale Quellen auf dem Mars gegeben haben könnte. Gedächtnisverlust, Computerabstürze und Kommunikationsprobleme machten dem alternden Rover zu schaffen. Ende April 2009 brach Spirit schließlich durch die Kruste eines sandigen Kraters und fuhr sich fest. Alle Versuche, den 180 Kilogramm schweren Rover aus der Falle zu befreien, schlugen fehl. Dem ohnehin schon geschwächten Roboter fehlte die Kraft. Er kam lediglich einige Millimeter voran, grub sich nur noch tiefer ein.

Ohne die nötige Neigung für die Sonnenstrahlen hatte Spirit kaum eine Chance, einen weiteren Winter auf dem Mars zu überleben. Für Temperaturen von minus 55 Grad Celsius war er ohne Strom und funktionierende Heizung einfach nicht gemacht. Vor 14 Monaten sendete der Rover dann sein letztes Lebenszeichen zur Erde. Seitdem herrschte Funkstille. Spirit, einer der größten Entdecker in der Geschichte des roten Planeten, ist höchstwahrscheinlich erfroren.

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