Mongolische Eroberungen im 13. Jahrhundert:Wie der Klimawandel Dschingis Khan half

Mongolei, Reiter, Steppe

Mildes Wetter half den Mongolen im 13. Jahrhundert - auch heute noch leben viele moderne Mongolen nomadisch

(Foto: Kevin Krajick / Columbia Univ.)

Vom Kaspischen Meer bis nach Korea erstreckte sich das Reich, über das Dschingis Khan im 13. Jahrhundert herrschte. Wie gelang dem Analphabeten diese Expansion? Forscher glauben, dass der Mongolenfürst einen natürlichen Verbündeten hatte.

Von Christoph Behrens

Der Aufstieg der Mongolen im 13. Jahrhundert gibt Historikern noch immer Rätsel auf: Wie konnte ein zerstrittenes Nomadenvolk innerhalb weniger Jahre das größte zusammenhängende Reich der Weltgeschichte errichten, und selbst hochentwickelte Mächte wie die der Jin-Dynastie in China bedrohen?

Nach neuen Forschungsergebnissen hatte der Mongolenfürst Dschingis Khan einen natürlichen Verbündeten: ein günstiges Klima während seiner Herrschaft half dem Mongolen, seine Macht auszubauen. "Das Regionalklima zur Zeit der Eroberungen Dschingis Khans war warm und sehr feucht", berichten Forscher um Neil Pederson von der Columbia University im Fachblatt PNAS (online). Eine solche milde Phase sei innerhalb der letzten 1100 Jahre einzigartig in der Mongolei gewesen.

"Ideale Bedingungen für einen charismatischen Anführer"

Das Reich, das Dschingis Khan von 1206 bis 1227 mit seinen Reiterkriegern erbeutete, zerfiel nur zwei Generationen später, von seiner stolzen Hauptstadt Karakorum sind heute nur Ruinen übrig. Doch die Vegetation der Mongolei hat sich kaum geändert: Grasland, Steppe, einige Nadelwälder. Dies nutzten die Wissenschaftler für ihre Analyse: Mit Jahresringen von teils über 1000 Jahre alten Bäumen rekonstruierten sie das Klima der Mongolei der letzten 1112 Jahre. In feuchten Jahren wachsen Bäume vereinfacht gesagt besser und bilden breitere Ringe als in trockenen.

"Vor fossilen Brennstoffen waren üppiges Grasland und Einfallsreichtum die Treibstoffe der Mongolen", sagte der Leitautor der Studie Neil Pederson. Denn die Nomadenwirtschaft basierte auf der Haltung von Vieh wie Ziegen. Pferde waren das Rückgrat des Militärs, jeder Krieger ritt auf fünf oder mehr Tieren.

Mit dem feuchten Klima und der plötzlichen Nahrungsvielfalt gediehen die Herden der Mongolen. Mit einem Mal wurde es möglich, einen großen Hofstaat und viele Kämpfer zu unterhalten. Die Kriegerkultur erblühte, schlussfolgern die Forscher.

Verheerende Dürren

Diese fünfzehn überdurchschnittlich feuchten Jahre ab 1211 seien genau auf das Erstarken des mongolischen Imperiums gefallen. Von 1180 bis 1190, kurz bevor Dschingis die Stämme einte, litten die Nomaden hingegen unter Dürre und bekriegten sich gegenseitig. Der Übergang von Trockenheit zu Feuchtigkeit habe den Aufstieg des Khans dann begünstigt.

"Das Klima war sicher nicht der einzige Grund, aber es muss die idealen Bedingungen für einen charismatischen Anführer geschaffen haben, aus den Tumulten siegreich hervorzugehen, eine Armee aufzubauen und die Macht auf sich zu konzentrieren", sagt Amy Hessl von der West Virginia University, die ebenfalls an der Studie beteiligt war. "Dschingis war in der Lage, diese Welle zu reiten."

Bis heute ist das Schicksal der Mongolen eng mit dem Klima verwoben. In den letzten 40 Jahren stiegen die Temperaturen in der Mongolei überdurchschnittlich stark, seit den 1990ern gab es mehrere schwere Dürren, gefolgt von extrem kalten Wintern. Allein von 2009 bis 2010 starben rund acht Millionen Nutztiere aufgrund der Wetterextreme. Der Klimawandel macht jetzt die bis vor kurzem noch nomadisch lebenden Mongolen erneut zu Invasoren: Immer mehr zieht es in die Hauptstadt Ulaanbaatar.

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