Mittelmeerraum:Die Gier nach Wasser

Der Grundwasserspiegel in vielen Mittelmeerländern sinkt seit Jahren - doch der Wasserverbrauch nimmt stetig zu. Die Umweltschutzorganisation WWF warnt nun vor dramatischen Folgen.

Silvia Liebrich

Die Umweltschutzorganisation WWF warnt vor verheerenden Auswirkungen des zunehmenden Wassermangels im Mittelmeerraum. Die Länder in dieser Region sind besonders stark vom Klimawandel betroffen.

Mittelmeerraum: Wassermangel im Zitronenhain: Ohne künstliche Bewässerung geht in einigen Regionen Spaniens nicht mehr.

Wassermangel im Zitronenhain: Ohne künstliche Bewässerung geht in einigen Regionen Spaniens nicht mehr.

(Foto: Foto: dpa)

Obwohl der Grundwasserspiegel in Ländern wie Spanien, Griechenland oder Marokko seit Jahren drastisch sinke, nehme der Wasserverbrauch weiterhin ungebremst zu, heißt es in einer noch nicht veröffentlichten Studie des WWF, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Der schonungslose Umgang mit der knappen Ressource Wasser bedrohe die wirtschaftliche Entwicklung und die ökologische Vielfalt in der gesamten Region.

Vor allem die stark expandierende Agrarwirtschaft in vielen Mittelmeerländern verschärft laut WWF die ohnehin schon angespannte Situation. So wird allein in Spanien eine Fläche von 30.000 Quadratkilometern künstlich bewässert, weil nicht genügend Regen fällt - das entspricht einer Fläche von Mallorca und Sizilien zusammengenommen.

Das Wasser dafür stammt häufig aus illegal gebohrten Brunnen, laut offiziellen Statistiken gibt es davon in Spanien mehr als 500.000. "Dieser Wasserdiebstahl trägt wesentlich zum dramatischen Absinken des Grundwasserspiegels bei", sagt WWF-Wasserexperte Martin Geiger.

Spanien leidet unter einer seit 2004 anhaltenden Dürre, die die Landwirtschaft hart trifft. 80 Prozent des verfügbaren Trinkwassers versickern auf den Ackerböden. Dabei wird laut Geiger viel Wasser ungenützt verschwendet. So werden etwa ganze Felder geflutet, anstatt die wesentlich effektivere Tropfbewässerung zu nutzen.

Auswirkungen auf Deutschland

Die Folgen des Raubbaus sind schon jetzt spürbar. In Großstädten wie Barcelona wurde in diesem Jahr mehrfach das Trinkwasser knapp. Die Wasserstände vieler Flüsse sind so niedrig wie noch nie. Das spanische Umweltministerium will bis 2013 etwa 800 Millionen Euro ausgeben, um die Dürreschäden einzudämmen.

Auch in den türkischen Metropolen Istanbul, Ankara und Izmir muss immer wieder das Trinkwasser rationiert werden. Der Grundwasserspiegel in vielen Regionen des Landes ist in den vergangenen drei Jahrzehnten drastisch gesunken, nach Angaben des WWF insgesamt um mehr als 14 Meter.

"Wenn nicht ein radikales Umdenken im Wasserverbrauch der mediterranen Regionen einsetzt, droht die Region auszutrocknen", warnt Dorothea August vom WWF. Nahrungsmittelproduktion und auch der Tourismus könnten kollabieren.

Die Auswirkungen werde auch Deutschland zu spüren bekommen. Immer mehr Bewohner der von Trockenheit betroffenen Länder könnten gezwungen sein, ihre Heimat zu verlassen, um in den regenreicheren Norden Europas zu ziehen, weil ihre Lebensgrundlage vernichtet sei.

Tourismus als Stressfaktor

Die Europäische Kommission hat ausgerechnet, dass sich allein die Dürreschäden der EU-Mitgliedsstaaten in den vergangenen dreißig Jahren auf 85 Milliarden Euro belaufen. Trotzdem gebe es nach wie vor so gut wie keine Anreize in der EU, mit dem Rohstoff sparsam umzugehen, kritisiert der Wasserexperte Geiger. Nach wie vor werde eine wasserintensive Massenproduktion im Agrarsektor gefördert.

"Auch der Tourismus ist ein zunehmender Stressfaktor im Mittelmeerraum", sagte er. Ungeachtet der Knappheit seien allein in Spanien und der Türkei mehr als 400 neue Golfplätze in Planung. Der Wasserbedarf eines einzigen 18-Loch-Golfplatzes reiche aus, um eine Stadt mit 15.000 Einwohnern zu versorgen.

Aber auch Ferienreisende, die nur am Strand liegen wollen, verbrauchten im Schnitt doppelt so viel Wasser wie ein Einheimischer. Dazu trügen das häufige Waschen von Bettwäsche, Handtüchern und gut gefüllte Swimmingpools bei.

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