Mikroplastik:Umweltgefahr aus dem Drogeriemarkt

  • Im Bundestag wird über einen Antrag der Grünen debattiert, wie künftig Mikroplastik aus Kosmetikprodukten verbannt werden kann.
  • Die kleinen Plastikpartikel, die in Hunderten Produkten wie Peelings, Cremes und Make-up zum Einsatz kommen, können in Klärwerken nicht aus dem Abwasser gefiltert werden und gelangen so in Flüsse und Meere.
  • Für Meerestiere stellt Mikroplastik ein ernstes Risiko dar, da es sich in deren Mägen anlagert und Giftstoffe anreichert.

Bundestagsdebatte über Mikroplastik-Ausstieg

Es steckt in Hunderten Kosmetikprodukten wie Sonnencremes, Bodylotions, Make-up, Mascara, Shampoo oder Handcremes. Mit bloßem Auge zu erkennen ist es als Kügelchen in Peelings. Auf der Verpackung versteckt es sich hinter Bezeichnungen wie Polyethylen (PE) oder Acrylate (ACS). Gemeinsam firmieren die Stoffe unter dem Sammelbegriff Mikroplastik - Partikel, die kleiner als fünf Millimeter sind. Das Problem: Die kleinen Teilchen können in Kläranlagen nicht gefiltert werden und gelangen über das Abwasser in Flüsse und in Nord- und Ostsee. Über den Klärschlamm landet das Mikroplastik auf Äckern. Die Folgen für die Umwelt sind nach Einschätzung von Experten dramatisch.

Daher werden die Rufe nach einem vollständigen Mikroplastik-Ausstieg bei Kosmetika immer lauter. Die Grünen-Fraktion hat nun im Bundestag einen entsprechenden Antrag eingebracht, an diesem Donnerstagabend wird erstmals darüber beraten.

Obwohl bekannt sei, dass Hunderte Tonnen Mikroplastik, die jedes Jahr in Kosmetikprodukten verkauft werden, nicht sachgerecht entsorgt werden, würden die Partikel weiter verwendet. Die Bundesregierung müsse "den Ausstieg aus der Verwendung von Mikroplastikpartikeln in Kosmetika und Reinigungsmitteln aktiv unterstützen", fordern die Grünen in der Drucksache 18/3734.

Warum Mikroplastik so schädlich ist

Für Meerestiere ist Mikroplastik in zweierlei Hinsicht gefährlich. Zum einen reichern sich auf der Oberfläche der Partikel Giftstoffe an - fressen die Tiere das Plastik, nehmen sie auch diese vermehrt auf. Zum anderen lagert sich das Mikroplastik in den Mägen der Tiere an und setzt das Hungergefühl aus.

Nach Angaben des Umweltbundesamtes (UBA) bestehen drei Viertel der Meeresabfälle aus Kunststoffen. Die Aufnahme von Kunststoffen sei bei mehr als 250 marinen Arten nachgewiesen und umfasse alle Artengruppen."Wobei Fische, Seevögel und marine Säugetiere Mikroplastik auch sekundär über ihre Nahrung aufnehmen können", also kleinere Tiere fressen, die das Plastik bereits im Körper haben. Die genaue Dimension der Risiken und Gefahren ist noch unklar - das UBA forsch hierzu weiter.

Eine Untersuchung des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) ergab, dass Kläranlagen mit Mikroplastik im Abwasser oft überfordert sind. Im Schnitt waren in einem Kubikmeter Abwasser 86 bis 714 Partikel enthalten, im Klärschlamm zwischen 1000 und 24 000 Teilchen je Kilo. Nur eine teure Schlussfiltration, zum Beispiel über sogenannte Tuchfilter, könne die Belastung massiv reduzieren, hieß es. "Mikroplastik ist Teil eines globalen Umweltproblems, das wir mit Plastikabfällen haben", sagt die UBA-Präsidentin Maria Krautzberger. Laut einer Studie für das UBA werden pro Jahr bundesweit etwa 500 Tonnen Mikroplastik in Kosmetika eingesetzt.

Das Problem gehe jedoch weit über diesen Bereich hinaus. Große Sorge bereitet auch sogenanntes sekundäres Mikroplastik, das durch die Zersetzung von Plastiktüten oder Reifenabrieb entsteht, und ebenso wie die Rückstände aus den Kosmetika in Umwelt und Gewässer gelangt.

Hunderte Produkte enthalten Mikroplastik

Wer als Verbraucher helfen will, Mikroplastik zu vermeiden, muss sich genau die Liste der Inhaltsstoffe eines Produktes anschauen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) führt in einem Einkaufsratgeber Hunderte Produkte auf, die Mikroplastik enthalten. Sie dienten als Schleifmittel in Peelings, als Filmbildner in Shampoos und Haarspülungen oder als Füllstoff in Gesichtsabdeckcremes, betonen die Umweltschützer. Nur Zahnpasten seien inzwischen frei von Mikroplastik.

Mehrere Konzerne reagieren

Eine Sprecherin von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) betont, es würden seit Herbst 2013 Gespräche mit den Herstellerfirmen über "eine zeitnahe Umsetzung eines Ausstiegs aus der Verwendung von Mikroplastik in Kosmetik geführt". Die Bundesregierung setze auf einen freiwilligen, nicht allein auf Deutschland beschränkten Ausstieg der Kosmetikindustrie.

Mehrere Unternehmen haben bereits erklärt, umsteuern zu wollen. So betont beispielsweise Beiersdorf, das die Marke Nivea vertreibt, "bis Ende 2015 alle Polyethylen-Partikel in allen Produkten zu ersetzen". Martin Ruppmann, Geschäftsführer des Kosmetik-Verbandes, betont, nur sehr wenige Produkte, wie beispielsweise Peelings, würden Mikroplastik in Form fester Kunststoffpartikel enthalten. Ruppmann warnt vor einer Dramatisierung des Themas: "Es gilt daher, mit Augenmaß zu handeln." (Hier führt der BUND auf, welche Unternehmen einen Ausstieg angekündigt haben.)

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