Medizin:Ist Männerblut besser für Transfusionen geeignet?

DRK verzeichnet weniger Blutspenden in Thüringen

Blut von Männern führt im Schnitt bei Transfusionen seltener zu Komplikationen.

(Foto: dpa)
  • Blut von Männern führt bei einer Transfusion zu deutlich weniger Komplikationen als das Blut von Frauen, die schon einmal schwanger waren.
  • Vermutlich hält die Veränderung des Immunstatus während der Schwangerschaft noch länger an.
  • An der gegenwärtigen Blutspendepraxis verändert sich durch die neuen Erkenntnisse zunächst nichts.

Von Werner Bartens

Blut war nicht nur zu Goethes Zeiten "ein ganz besondrer Saft". Bis heute werden den etwa vier bis sieben Litern dunkelroter Flüssigkeit, die den menschlichen Körper durchpulsen, teils mythische Eigenschaften zugeschrieben. Familiäre Bande wie völkische Verbundenheit gehen angeblich auf das Blut zurück, unheimliche Kräfte ebenso wie unerklärliche Schwächen. Blutsbrüder und Blutsverwandte zeichnen sich durch besondere Nähe aus; dicker als Wasser ist der visköse Lebenssaft sowieso.

Die Medizin hat zwar meist ein nüchterneres Verhältnis zum Blut als nützliches Transportmittel für Sauerstoff, Nährstoffe und Botenstoffe, dennoch haben Ärzte immer wieder beobachtet, dass es Kranken schlechter geht, wenn sie Blutkonserven von einer Frau bekommen haben. Im Fachmagazin Jama zeigen Wissenschaftler aus den Niederlanden, dass es einen Unterschied macht, von wem das Blut stammt.

Das Team um Rutger Middelburg aus Leiden analysierte Daten von mehr als 31 000 Patienten, die insgesamt fast 60 000 Blutkonserven bekommen hatten. Anschließend kam es zu knapp 4000 Todesfällen, was eine Sterblichkeit von etwa 13 Prozent bedeutet. Häufigste Todesursache ist eine akute Lungeninsuffizienz aufgrund einer Unverträglichkeit. Innerhalb von sechs Stunden nach der Transfusion setzt Atemnot ein, der Blutdruck fällt ab und es bildet sich Wasser in der Lunge.

Das Blut von Frauen, die schon einmal schwanger waren, verursachte mehr Komplikationen

Die aktuelle Studie zeigt, dass Männer, die rote Blutkörperchen von einer Frau bekommen haben, die schon mal schwanger war, häufiger von der schweren Komplikation betroffen sind. Umgerechnet auf 1000 Personenjahre kam es in dieser Konstellation zu 101 Todesfällen, während unter Männern, die Blut von anderen Männern bekommen hatten, nur 80 Todesfälle auftraten.

Entscheidend war aber nicht der Mann-Frau-Unterschied, sondern ob eine Spenderin jemals schwanger gewesen war. Erhielten Männer die Blutkonserven von Frauen, die nie schwanger waren, starben statt 80 sogar nur 78 Herren bezogen auf 1000 Personenjahre.

Waren Frauen die Empfänger der Blutspenden, kam es zwar auch zu etwas mehr Todesfällen nach der Blutspende von einer ehemals schwangeren Frau, aber dieser Unterschied war nicht statistisch signifikant. Während 62 Frauen nach der Spende von einem Mann starben, waren es 74, wenn das Blut von einer Frau stammte, die schon mal schwanger war. "Wahrscheinlich geht die erhöhte Mortalität nach Blutspenden von einer ehemals Schwangeren auf immunologische Faktoren oder andere Mechanismen zurück", schreiben die Autoren. "Offenbar halten Veränderungen des Immunstatus in der Schwangerschaft auch danach noch länger an."

Dennoch keine Veränderung der gegenwärtigen Blutspendepraxis

Womöglich könnten auch während der Schwangerschaft erniedrigte Eisenwerte dazu beitragen, dass später das Blut von einer Empfängerin nicht so gut vertragen wird wie das eines Mannes oder einer Frau, die niemals schwanger war. In einem Kommentar weisen die Mediziner Ritchard Cable und Gustaf Edgren darauf hin, dass Blutkonserven von Frauen acht Prozent weniger vom Blutfarbstoff Hämoglobin enthalten, sodass womöglich mehr Transfusionen notwendig sind, was wiederum das Risiko für Zwischenfälle erhöht.

Ebenso diskutiert werden spezifische Antigene gegen fremde Blutbestandteile auf dem Y-Chromosom, was nur bei Männern Komplikationen auslösen kann. Sollten sich trotz dieser Einwände und anderer Kritik an der Studie die aktuellen Befunde bestätigen, hätte dies Auswirkungen auf die Praxis in der Transfusionsmedizin. Immerhin nimmt der Unterschied in der Sterblichkeit von Männern und Frauen auch ein Jahr nach der letzten Transfusion noch zu. "Es sind aber zu viele Fragen offen, um etwas an der gegenwärtigen Praxis der Blutspende zu verändern", so Cable und Edgren. Frauen, die schon mal schwanger waren, werden noch nicht davon ausgeschlossen.

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