Madagaskar:Der Ursprung der Madagassen

Vor etwa 1200 Jahren landete eine Gruppe von Indonesiern auf der Insel vor Afrikas Ostküste - von ihren Frauen stammt die heutige Bevölkerung Madagaskars ab. Das zeigt die Genanalyse eines internationalen Forscherteams. Das Schiff der Reisenden war vermutlich vom Kurs abgetrieben worden. 7000 Kilometer von der Heimat entfernt begannen die Gestrandeten, die Insel zu besiedeln.

Etwa 30 Frauen und eine unbekannte Zahl von Männern schifften sich um das Jahr 830 unserer Zeitrechnung in Indonesien ein. Ihr Ziel kennen wir heute nicht mehr. Vielleicht wollten sie nach Indien, vielleicht war das Kalifat der Abbasiden ihr Ziel. Aber dass sie Madagaskar erreichen und sich dort niederlassen würden, war vermutlich nicht ihr Plan gewesen.

Madagaskar: Die ersten Menschen, die Madagaskar besiedelten, stammten offenbar aus Indonesien.

Die ersten Menschen, die Madagaskar besiedelten, stammten offenbar aus Indonesien.

(Foto: AFP)

Doch wie Forscher aus Neuseeland, Frankreich, Indonesien und den USA in den Proceedings for the Royal Society berichten, landete die Gruppe etwa 7000 Kilometer von ihrer Heimat entfernt auf der Insel vor Afrikas Ostküste. Und die heutige Bevölkerung Madagaskars geht auf diese Indonesierinnen zurück.

Bislang war die Besiedlungsgeschichte der Insel rätselhaft gewesen. Es gibt Hinweise auf eine Kolonisierung vom afrikanischen Festland aus, aber Gene und sprachwissenschaftliche Untersuchungen deuteten zugleich auf indonesische - oder genauer austronesische - Ahnen hin.

Eine Vermutung war, dass Händler aus dem Reich der indonesischen Srivijaya auf der Insel einen Außenposten oder sogar eine Kolonie gegründet hätten. Das wäre allerdings selbst für Vertreter dieses ausgesprochenen Handelsreiches ziemlich weit weg von der Heimat gewesen. Deshalb gehen die Forscher um Murray Cox von der neuseeländischen Massey Universität davon aus, dass das Schiff der Gruppe abgetrieben wurde.

Cox und sein Team hatten die mitochondriale DNS von etwa 300 einheimischen Madagassen und fast 3000 Indonesiern verglichen. Dieses Erbgut ist in den Mitochondrien enthalten. Dabei handelt es sich um Organellen in unseren Zellen, die als Energiekraftwerke bezeichnet werden. Mitochondrien werden nur von Frauen an ihre Nachkommen vererbt und sind deshalb von besonderer Bedeutung für Genforscher.

Die Analyse zeigte, dass das Erbgut bei einigen Indonesiern in bestimmten Abschnitten demjenigen entspricht, das sonst fast nur bei Madagassen zu beobachten ist - hier aber besonders häufig. Evolutionsbiologen sprechen hier von einem "Gründereffekt". Die heutige Bevölkerung Madagaskars hat ihren Ursprung demnach in einer Handvoll vermutlich gestrandeter Indonesier, deren Nachkommen sich später auch mit Einwanderern aus Afrika fortpflanzten. Von diesen stammen sowohl genetische Einflüsse auf die Inselpopulation als auch auf deren Sprache.

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