Krebsmedizin:Tumor nach dem Tumor

Krebspatienten sind nicht davor geschützt, erneut an anderer Stelle an Krebs zu erkranken. Epidemiologen aus den USA haben die Wahrscheinlichkeit beziffert. Das Risiko für solche Zweit-Tumore steigt mit dem Alter - und hängt auch von der Therapie des ersten Krebses ab.

Von Werner Bartens

Wer einmal Krebs hatte, wird häufig einen zweiten bekommen. Ärzte wissen zwar schon lange, dass Tumorpatienten ein erhöhtes Risiko für weitere Tumore aufweisen. Krebsexperten aus den USA haben nun im Fachmagazin JAMA Oncology genaue Daten vorgelegt und die Wahrscheinlichkeit mit 18,4 Prozent beziffert. Epidemiologen um Caitlin Murphy von der Universität Texas analysierten Befunde von 740 000 Krebspatienten und kamen zu dem Schluss, dass 25 Prozent der Tumorkranken über 65 Jahre zum zweiten Mal an Krebs erkrankt waren. Unter den 20- bis 64-Jährigen waren es elf Prozent.

Wie oft eine zweite Neoplasie auftritt, ist vom Tumor, der Lage und dem Alter der Patienten abhängig. So traten Tumore, die hauptsächlich durch Tabakkonsum oder humane Papillom-Viren ausgelöst wurden wie auch Leukämie zu mehr als 30 Prozent als Zweittumoren auf. Prostatakrebs wie auch Ovarialkarzinome kamen hingegen seltener als Zweitkrebs vor.

Da mittlerweile zwei Drittel der Krebspatienten mindestens die ersten fünf Jahre nach der Diagnose überleben, steht die Medizin vor neuen Herausforderungen. "Man muss die Auswirkungen eines ersten Tumors berücksichtigen und verstehen, wenn Patienten erneut an Krebs erkranken", sagt Caitlin Murphy. "Das hat Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung und die Erfahrungen und Erwartungen der Patienten - zudem sollte dies immer auch Berücksichtigung finden, wenn Studienergebnisse übertragen werden."

Das Risiko für einen zweiten Tumor ist bei Krebspatienten erhöht, weil Risikofaktoren wie Rauchen, ein ungesunder Lebenswandel und der Umgang mit schädlichen Substanzen die Gefahr für bösartige Neubildungen generell steigern, also auch für einen zweiten Tumor. Zudem erhöht die Behandlung des ersten Krebses die Wahrscheinlichkeit, dass später erneut ein Tumor auftritt: Chemotherapie und Bestrahlungen sind potenziell kanzerogen und können Zellen dazu bringen, vermehrt zu entarten. Mittelfristig kann sich daraus Krebs entwickeln.

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