Läuse:Welche Mittel gegen die Parasiten helfen

Fast jedes Kind erwischt es: In Kindergärten und Schulen sind Kopfläuse weit verbreitet. Effektive Hilfe gegen die Insekten bieten nur wenige Methoden.

Dennis Ballwieser

Läuse sind kein schönes Thema: Vor allem Kinder sind anfällig für die lästigen Insekten, die von Kopf zu Kopf übertragen werden. Die Tiere können weder fliegen noch springen, und auch über Mützen, Schals oder Kopfkissen werden sie nur selten weitergegeben. Umarmen, Kuscheln und das Zusammenleben auf engstem Raum ermöglichen den Blutsaugern, zum nächsten Kopf, ihrem Lebensraum, zu krabbeln.

Wer Kopfläuse hat, ist peinlich berührt. Die Tiere gelten als Zeichen nachlässiger Körperpflege und Krankheitsüberträger. Beides ist unwahr: Nicht die Kopflaus, sondern Filzläuse sind Zeichen mangelnder Hygiene und Krankheiten werden von Kopfläusen, wenigstens in Deutschland, auch nicht übertragen.

"Ein hausgemachtes Problem"

Eine ernsthafte Krankheit ist der Läusebefall also nicht. Weil das Kopfjucken aber unangenehm ist und auch niemand gerne Läuse weitergibt, müssen sie dennoch bekämpft werden.

"Kopfläuse sind ein hausgemachtes Problem", sagt Jan Krüger, Vorsitzender der Deutschen Pediculosis Gesellschaft, die über Kopfläuse informiert. "Die kommen nicht aus dem Ausland, wie viele glauben. Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten sind Orte, an denen sie sich verbreiten." Krüger ist weder Insektenforscher noch Pestizidhersteller, sondern "genervter Vater, der kaum unabhängige Informationen gefunden hat, als die eigenen Kinder Läuse hatten".

Seit 2006 hat der Verein im Internet (www.pediculosis.de) Informationen zusammengetragen. Die offiziellen Stellen haben nachgezogen. Robert-Koch-Institut, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) geben Hinweise, was zu tun ist, wenn die Kopfhaut juckt.

"Zunächst ist es wichtig, jeden zu behandeln, der Kopfläuse hat", sagt Krüger. "Dazu besorgt man sich einen Läusekamm, der die Läuse erwischt, und kämmt die Haare aus." Findet man die Nissen genannten Eier weniger als einen Zentimeter entfernt von der Kopfhaut oder lebende Läuse, empfiehlt das Robert-Koch-Institut eine Behandlung. Dafür gibt es unübersichtliche viele Mittel. Die Hersteller übertrumpfen sich in ihren Versprechen, das einfachste oder am schnellsten wirksame Mittel anzubieten. Durchblick verschafft die Seite des Robert-Koch-Instituts (www.rki.de).

Wissenschaftliche Studien sind Mangelware

Viele Wirkstoffe, die man kaufen kann, sind keine Arzneimittel, sondern Medizinprodukte. Deshalb durchlaufen sie nicht das strenge Zulassungsverfahren für Medikamente. Aussagekräftige Studien gibt es für keines der in Deutschland erhältlichen Mittel.

Allein das Umweltbundesamt überprüft in Laborversuchen, ob die Wirkstoffe überhaupt Läuse beseitigen können, wenn sie angewendet werden, wie es der Hersteller empfiehlt. Schaffen sie das, nimmt das Bundesamt sie in seine "Entwesungsmittelliste" auf, an der man sich orientieren kann.

Das Umweltbundesamt hält aktuell drei Arzneimittel und drei Medizinprodukte für geeignet, Kopfläuse zu behandeln. Die Arzneimittel sind seit mehr als 150 Jahren bekannte Insektengifte, sogenannte Pyrethrine. Enthalten sind sie in Goldgeist Forte, Infectopedicul und Jacutin Pedicul Spray. Sie greifen das Nervensystem der Läuse an, dadurch sterben die Tiere. Allerdings verursachen die Nervengifte, wenn sie eingeatmet werden, unangenehme Nebenwirkungen. Über die Kopfhaut gelangen die Wirkstoffe kaum in den Körper, können aber zu Rötungen, Juckreiz und Brennen führen.

Die Medizinprodukte hingegen basieren auf Kokosöl (Mosquito Läuseshampoo) oder dem Silikon Dimeticon (Nyda). Ihr vermuteter Wirkmechanismus ist simpler als der der Nervengifte: Sie sollen die Atemöffnungen der Läuse verstopfen. Allerdings überleben Läuse auch längere Zeiträume, ohne zu atmen, außerdem kommt es darauf an, eine ausreichende Menge gleichmäßig zu verteilen.

Deshalb sollte man in den Tagen nach der Behandlung den Kopf mit einem Nissenkamm kontrollieren. Über Nebenwirkungen der Medizinprodukte ist kaum etwas bekannt, allerdings können wohl auch sie die Kopfhaut reizen.

Hände weg von Läusesprays

"Am wichtigsten ist es bei allen Mitteln, die vom Hersteller angegebene Anwendungszeit exakt einzuhalten", sagt Wolfgang Becker-Brüser vom arznei-telegramm, das bereits mehrfach die zur Verfügung stehenden Mittel bewertet hat. "Wenn man die Mittel, egal welches, zu kurz anwendet, werden die Läuse weniger zuverlässig abgetötet." Becker-Brüser empfiehlt zudem, in jedem Fall acht bis zehn Tage nach der ersten Anwendung eine zweite folgen zu lassen, um nachgeschlüpfte Läuse abzutöten, die beim ersten Mal nicht erwischt wurden.

Gänzlich die Finger lassen sollte man von einer auf die Bequemlichkeit der Anwender zielenden Erfindung der Hersteller: Sprays gegen Kopfläuse. "Sprays können leicht eingeatmet werden und vor allem bei Asthmatikern und Allergikern Reaktionen hervorrufen", sagt Becker-Brüser. "Außerdem sind Spraygase entzündlich. Es gab schon Verpuffungen in Badezimmern mit Durchlauferhitzer, das kann böse ausgehen." Zudem wirkten die Sprays nicht anders als Shampoo.

Läuse-Experte Krüger ist von Alternativmethoden nicht überzeugt. Hausmittel wie Mayonnaise und Essig zeigen keinen Effekt, sagt er. Ausdauerndes Beföhnen der Kopfhaut sei ebenfalls nutzlos: "Sie erreichen entweder die notwendige Temperatur nicht dauerhaft oder verbrennen sich die Haut. Und der kühlende Feuchtefilm, der beim Schwitzen entsteht, schützt auch noch die Läuse."

Die Behauptungen von Läusemittelherstellern, wonach die Läusegefahr mancherorts saisonal besonders hoch sei oder nach dem Ende der Schulferien ansteige, bezweifeln die meisten Experten. "Das ist eine nette Marketingidee der Firmen", sagt Becker-Brüser. "Vorstellbar ist natürlich, dass in den Schulferien Kinder mit mehr anderen Kindern in Kontakt kommen und das Risiko steigt. Da bleibt viel Raum für Spekulation."

Wer bei so vielen Mitteln und Möglichkeiten den Überblick verliert und gar keine Chemie an seine Kopfhaut lassen will, dem bleibt die Radikalkur: "Haare ab bis auf die Kopfhaut, das funktioniert auch, der Lebensraum der Laus ist dann weg", sagt Jan Krüger. "Ich kenne eine Familie, da haben das Mutter und Kinder tatsächlich gemacht." Durchsetzen wird sich diese Methode vermutlich aber nicht.

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