Kommentar:So grün wie nie

Kommentar: Kathrin Zinkant isst Kokosnüsse nur als Beilage zu Grillhähnchen.

Kathrin Zinkant isst Kokosnüsse nur als Beilage zu Grillhähnchen.

Moderne gentechnische Verfahren in der Pflanzenzucht sind schneller, schonen Ressourcen. Dennoch protestiert die Bioszene mal wieder.

Von Kathrin Zinkant

Es war am vergangenen Montag, als sich der Grünen-Politiker Harald Ebner mal wieder im falschen Film wähnte. Grund war eine Anhörung im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft, es ging um sein fachpolitisches Thema, die Gentechnik. Eine halbe Stunde erläuterten zwei Wissenschaftler Fakten, auch zu den neuen Gentechniken, die wir auf unserer Doppelseite mit anderen Zuchttechniken vergleichen. Ein falscher Film für Ebner - denn über Fakten wollen die Grünen beim Thema Gentechnik nicht reden.

Wieder einmal beharren die Grünen in dieser Diskussion auf dem Vorsorgeprinzip. Wieder geht es um angebliche Risiken, für die zwar keine Belege existieren. Aber es ist ja Gentechnik. Und wieder geht es um die Behauptung, durch einen technischen Eingriff in das Genom von Pflanzen würde eine dem Erbgut innewohnende Integrität verletzt.

Ob klassisch oder gentechnisch, in der Pflanzenzucht geht es immer um Veränderung

Es gibt tatsächlich etwas, das genetische Integrität heißt. Bei Pflanzensorten, die schon existieren und die sich wenig verändern sollten, wenn man sie vermehrt. Das ist wichtig für den Erhalt der Biodiversität. In der Pflanzenzucht aber geht es immer um Veränderung. Sie ist das Fundament, auf dem sich bessere Sorten mit neuen Eigenschaften entwickeln lassen, eine größere Vielfalt. Da ist es vom Grundsatz her egal, ob man im Klostergarten Erbsen miteinander kreuzt, um dickere Schoten zu generieren. Oder ob man in einem Hightech-Labor mit Genscheren wie Crispr-Cas9 den Code im Erbgut der Hülsenfrüchte umschreibt. Keiner der Prozesse schützt die genetische Integrität der Erbse. Beide Vorgänge bringen das gleiche Ergebnis. Nur dass moderne Gentechniken schneller sind, Ressourcen schonen, weniger Kollateralschäden im Erbgut erzeugen. Also besser sind. Müssen ihre Produkte deshalb als Frankenfood gebrandmarkt werden?

Die Grünen finden, ja. Neue Gentechnik ist Gentechnik, und kann deshalb nur schlecht sein. Warum das so sein muss, ist klar: Die grüne Wählerklientel würde einen Meinungsumschwung in der Gentechnikfrage rigoros abstrafen. Urs Niggli hat das zu spüren bekommen. Der Vorzeigeforscher der Ökobewegung wagte im vergangenen Jahr, dem Gene Editing ein Potenzial im Biolandbau zuzuschreiben. Bezogen hat der Schweizer für diese zutreffende Einschätzung hauptsächlich Prügel. Die Bioszene verzeiht keinen Fortschritt. Dass die Grünen als Partei im großen Wahljahr die Produkte der neuen Verfahren entweder verbieten oder als Gentechnik kennzeichnen wollen, das könnte man deshalb fast noch verstehen. Nur lässt sich das ganz sicher nicht mit Wissenschaft begründen.

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