Kohlendioxid:Treibhausgase aus dem Pleistozän

Die Menschen haben im Industriezeitalter die CO2-Werte so hoch getrieben, wie sie seit 650.000 Jahren niemals gewesen sind. Das zeigen Eis-Bohrkerne aus der Antarktis.

Christopher Schrader

Es ist ein Bild wie aus einem psychedelischen Traum: Sechsecke, die in Regenbogenfarben schillern, und schwarze Perlen, die das Schillern widerspiegeln.

Kohlendioxid: Luft in hunderttausend Jahre altem Eis.

Luft in hunderttausend Jahre altem Eis.

(Foto: Foto: Uni Bern)

Die Aufnahme ist unter einem Mikroskop an der Universität Bern entstanden und zeigt einen Schnitt durch Hunderttausende Jahre altes Eis.

Die schwarzen Perlen machen es wertvoll, denn sie enthalten Proben der Luft, die damals die Antarktis umwehte.

"So können wir direkt messen, wie warm es in der Vergangenheit war und welche Treibhausgase in der Luft schwebten", sagt Hubertus Fischer vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven, der mit Kollegen aus der Schweiz und Frankreich die Eisproben ausgewertet hat.

650.000 Jahre haben die Forscher in die Vergangenheit geschaut, 210.000 Jahre mehr als bisher möglich (Science, Bd. 210, S. 1313, 2005).

Das Eis stammt aus der Ostantarktis. Auf dem dortigen Dome Concordia hat das europäische Epica-Projekt einen Bohrturm errichtet und 3270 Meter Eiskerne aus dem Untergrund geholt. Das Eis ist durch Schneefälle der Vergangenheit gewachsen, die Luftblasen eingeschlossen haben.

In den Daten haben die Forscher Hinweise auf sechs komplette Zyklen aus Eiszeit und Warmzeit gefunden. Und jedesmal stiegen mit den Temperaturen, die sich anhand zweier Sauerstoff-Varianten bestimmen lassen, auch die Anteile der Treibhausgase, vor allem des Kohlendioxids (CO2).

"Es gibt einen natürlichen Zusammenhang zwischen Treibhausgasen und Klima", sagt Fischer, "aber wir Menschen haben im Industriezeitalter die Werte so hoch getrieben, wie sie seit 650.000 Jahren niemals gewesen sind."

Die CO2-Werte liegen heute um ein gutes Viertel höher als im Eiskern; die meisten Klimaexperten glauben, dass der Anstieg die heutige, globale Erwärmung auslöst.

Zudem haben die Forscher aus dem Eis etwas über die Warmzeit vor 410.000 Jahren gelernt. Sie ließ sich mit dem bisher längsten Bohrkern aus der Vostok-Region nicht analysieren, weil er zu dieser Zeit endet. Für Klimaforscher ist sie interessant, weil damals die Erde einen ähnlichen Kurs um die Sonne hatte wie heute.

Die Bohrkerne von Dome Concordia umfassen die Warmzeit vollständig: "Die Daten zeigen, dass das Klimasystem eine Warmperiode von 20.000 oder 30.000 Jahren durchlaufen kann, sagt Thomas Stocker von der Universität Bern, Sprecher des Forscherteams. Das mag diejenigen beruhigen, die fürchten, dass bald eine neue Eiszeit beginnt, weil die jetzige Warmzeit schon 10.000 Jahre anhält - im Vostok-Eiskern war das die maximale Dauer.

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