Klonen:Sicherheitskopie vom Vieh

Nicht allein die Neugier der Forscher treibt die Weiterentwicklung der Klonforschung an - sondern vor allem die wirtschaftlichen Interessen von Züchtern und Pharmaindustrie.

Sascha Karberg

Geld ist das wichtigste Werkzeug der Klonforschung. Die Idee, genetisch identische Kopien eines Säugetiers herzustellen, faszinierte lange Zeit zwar vor allem Forscher. Doch es war und ist nicht allein wissenschaftliche Neugier, die Klone von Katzen, Hunden, Rindern, Schweinen und Schafen möglich macht.

Klonen: Mindestens 6000 geklonte Rinder stehen schon auf den Weiden, zum Beispiel in Austin, Texas.

Mindestens 6000 geklonte Rinder stehen schon auf den Weiden, zum Beispiel in Austin, Texas.

(Foto: Foto: AP)

Schon an der Geburt des Klonschafs Dolly, des ersten Säugetierklons der Welt, war die schottische Firma PPL Therapeutics beteiligt. Auch die ersten Rinderklone entstanden in Kooperation mit Firmen wie Advanced Cell Technology.

Deren geschäftliche Interessen am Klonen gingen weit über ein paar 100.000 Dollar teure Haustierkopien für Hundenarren hinaus, wie sie die südkoreanische Firma RNL Bio Anfang des Monats der Weltöffentlichkeit präsentierte. Das große Geld wollen die Kloneure mit Dienstleitungen für Züchter verdienen.

Genforscher Eckhard Wolf will hier Designer-Schweine züchten: Geklonte, gentechnisch veränderte Tiere, deren Gewebe als Ersatz für defekte Organe Menschen verpflanzt werden sollen.

Mindestens 6000 geklonte Tiere stehen bereits auf den Weiden. Es könnten auch doppelt so viele sein, so genau weiß das niemand. Seit Januar dürfen diese Tiere in den USA für die Lebensmittelproduktion verwendet werden. Auch europäische Behörden wollen Milch und Fleisch von Klontieren und ihren Nachkommen zum Verzehr freigeben. Diese Erlaubnis wird das Geschäft mit den Klonen erst richtig in Fahrt bringen.

Auf der Ranch des Unternehmens Trans Ova Genetics in Sioux Center, Iowa, werden so viele Rinder geklont wie nirgendwo sonst auf der Welt. Für die Firma, die bereits seit Jahrzehnten Fortpflanzungstechniken für die Rinderzucht entwickelt, ist das Klonen zu einer bedeutenden Einnahmequelle aufgestiegen. "2007 haben wir etwa 300 Klone produziert", sagt Klontechnik-Produktmanagerin Diane Broeck. Für 2008 rechnet sie mit weiteren 800 Tier-Kopien.

Die Züchter bestellen zum Beispiel "Emergency-Cloning", wenn ein wertvoller Bulle gestorben ist. Elite-Rinder werden auf Auktionen zu Preisen um eine Million Dollar gehandelt. Allein das Sperma eines geklonten Spitzenbullens kann seinem Besitzer einen jährlichen Profit von einer Million Dollar einbringen.

Und in den Gefrierschränken von Transova lagern genügend Zellproben junger Tiere, um daraus eine weitere Klonherde auferstehen zu lassen. Entpuppt sich das Tier als würdig, kann der Züchter aus dem eingefrorenen Gewebe einen Klon bestellen, auch wenn das Original unfruchtbar oder tot sein sollte.

Sicherheitskopie vom Vieh

Die meisten Züchter scheuen diese Möglichkeit noch. Das liege vor allem an den "hohen Kosten des Klonens", sagt Broeck; der Preis für eine Kuh-Kopie liegt bei etwa 15.000 Dollar.

An der Lösung dieses Problems arbeitet Björn Oback auf der ersten Klonfarm der Südhalbkugel des Planeten, dem neuseeländischen Forschungs- und Entwicklungsinstitut für Landwirtschaft AgResearch. Auf der Farm in Ruakura sind unter der Leitung von David Wells, der schon im Team der Dolly-Kloner war, mehr als 160 Klonkühe auf die Welt gekommen.

Kloneffizienz verdreifachen

Mit gängiger Klontechnik reift aber nur ein Drittel der Klonembryonen in der Petrischale weit genug heran, um sie in die Gebärmutter eines Muttertieres zu übertragen. Nur sehr wenige wachsen weiter. Lediglich 15 bis 20 Prozent der kopierten Rinder überleben bis zur Geburt, in allen anderen der mittlerweile elf geklonten Säugetierarten schaffen es bestenfalls drei Prozent.

Der Rest bleibt aufgrund diverser Entwicklungsstörungen auf der Strecke. "Das verursacht die meisten Kosten", sagt Oback. Für die kostenbewusste Nutztierzucht sei die Klontechnik "weit von einem kommerziellen Break Even entfernt".

Um das zu ändern, hat Oback 21,5 Millionen Euro vom neuseeländischen Forschungsministerium bekommen - mehr als die Hälfte des gesamten nationalen Biotech-Forschungsetats. Oback konnte die Klon-Effizienz bereits verdoppeln, weil er anstelle unbefruchteter Eizellen bereits per Spermium vorbefruchtete Eizellen zum Klonen verwendet.

Dadurch kommt Oback ohne den kleinen Elektroschock aus, der normalerweise im Labor die Entwicklung der Klonembryonen starten lässt. Sein Ziel ist aber, die Kloneffizienz zu verdreifachen. "Dann wird es kommerziell interessant."

Langfristig hofft Andrew West, Chef bei AgResearch, dass das Klonen den Anteil von aus Züchterperspektive interessanten Genvarianten in neuseeländischen Schafherden erhöht. Normalerweise ist das in der Schafzucht nicht so einfach, weil es keine künstliche Befruchtung über Samenspenden gibt, sondern die Elite-Zuchtböcke selbst aktiv werden müssen, um ihre Gene in einer Herde zu verstreuen.

Parasiten-Resistenz vervielfältigen

Über Kopien dieser Böcke ginge das bedeutend schneller. Wests zweite Hoffnung ist, dass sich per Klontechnik jene besonderen Schafe vervielfältigen lassen, die aufgrund einer zufälligen genetischen Variante von Natur aus gegen Parasiten resistent sind.

Auch im Moorversuchsgut Oberschleißheim bei München entsteht eine Anlage für Klonschweine, die sich bald bezahlt machen könnte. Der Münchner Auf 20 bis 100 Milliarden Dollar wird der Markt für solche Xenotransplantationen geschätzt. Um die Körperabwehr, die nichtmenschliches sonst sofort abstößt, zu überlisten, versuchen Forscher per Gentechnik die Oberfläche der Schweinezellen menschenähnlicher zu machen.

Seit Forscher wissen, dass derartig komplizierte Veränderungen nur per Klonen machbar sind, entsteht eine Xenotransplantationsfarm nach der anderen. Die amerikanische Non-Profit-Organisation "Spring Point Project" baut für etwa 20 Millionen Dollar einen Schweinestall, um frühestens 2010 Insulin produzierende Zellen aus den Bauchspeicheldrüsen von Schweinen in zuckerkranke Menschen zu verpflanzen. Indessen wird an der Mayo Clinic in den USA daran gearbeitet, Schweineherzen transplantierbar zu machen.

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