Klimawandel:Wie hoch muss der Deich sein?

Oder-Hochwasser

Hochwasser (hier das Oderhochwasser 1997) werden viele Länder wegen des Klimawandels in Zukunft stärker bedrohen als bisher. Doch wie groß ist die Gefahr tatsächlich?

(Foto: dpa)

Wissenschaftler sollen der Menschheit verraten, wie sich das Klima in den kommenden Jahrzehnten der Erderwärmung verändern wird. Doch sichere Aussagen zu machen, ist unmöglich. Deshalb wollen manche Klimaforscher jetzt auf die Erfahrungen der Ökonomie mit Risikomanagement zurückgreifen.

Von Christopher Schrader

Vorhersagen sind besonders schwierig, wenn sie die Zukunft betreffen, lautet ein alter Ausspruch, der wahlweise Karl Valentin, Niels Bohr oder Mark Twain zugeschrieben wird. Auch die Klimaforscher erkennen nun die Weisheit darin. Schließlich ist es ein wichtiger Anteil etwa der Arbeit des Weltklimarats IPCC, der Menschheit einen Ausblick auf die Jahrzehnte bis zum Jahr 2100 zu geben.

Die Erde könne sich um 0,9 bis 5,5 Grad Celsius erwärmen, ist eine seiner Aussagen aus dem Entwurf des kommenden IPCC-Berichts.

Ähnlich unsicher sind Werte zum Anstieg des Meeresspiegels. Die Spannen ergeben sich, weil den Modellrechnungen mehrere Szenarien zugrunde liegen, wie und wann sich die Staaten der Welt auf eine Zusammenarbeit zum Klimaschutz einigen. Forscher sprechen darum nicht von Vorhersagen, sondern von Projektionen möglicher Verläufe in der Zukunft. Die reale Entwicklung läuft zurzeit aber auf den Maximalwert zu.

Unter diesen Umständen mit unsicheren Daten Entscheidungen über Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel zu treffen, ist schwierig, wie Wissenschaftler einräumen. Viele Regionen stehen etwa vor dem Problem, wie weit sie ihre Deiche erhöhen sollen.

Es brauche robuste Strategien, Risiken zu managen, fordern Forscher um Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Christopher Field von der Carnegie Institution in Stanford, USA, die beide leitende Funktionen im IPCC haben, in Nature Climate Change (online). Es gebe aber in der Klimaforschung nicht viel Information darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit mittlere oder extreme Werte der Projektionen eintreffen könnten.

Mit Strategien zum Risikomanagement beschäftigt sich die Ökonomie jedoch schon seit Jahrzehnten. Sie können zum Beispiel darin bestehen, die möglichen Verluste zu begrenzen und unter mehreren Möglichkeiten die auszuwählen, die die geringste Wahrscheinlichkeit für einen als nicht mehr akzeptabel angesehenen Verlauf bietet. Im Zusammenhang mit Deichen könnte das die Gefahr sein, dass Bewohner tief liegender Gebiete ertrinken.

Geht es allein um die Wirtschaftlichkeit von Anpassungsmaßnahmen, könnten andere Strategien darauf abzielen, die möglichen Fehlinvestitionen zu minimieren oder möglichst wenig Variation der Ergebnisse zuzulassen, auch wenn dafür ein Preis zu zahlen ist.

"Wir müssen lernen, die Literatur über Risikomanagement aus anderen Bereichen zu nutzen, die zum Teil schon 40 Jahre alt ist", mahnte darum auch Roger Street von der staatlichen britischen Forschungsinstitution UKCIP Anfang vergangener Woche auf einer Tagung in Hamburg über die Anpassung an den Klimawandel.

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