Klimawandel: Vorbereiten auf die Stürme der Zukunft

Sturm an der Bretagneküste, 1998

Küstenanlagen wie diese Kaimauer in Frankreich müssen in Zukunft vermutlich häufiger schwere Stürme aushalten als bisher

(Foto: DPA)

Klimaforscher rechnen mit immer mehr und immer heftigeren Stürmen und Hochwassern. Deutsche und südafrikanische Wissenschaftler entwickeln Computermodelle, mit deren Hilfe die Infrastruktur der gefährlichen Zukunft auf den Prüfstand gestellt werden soll.

Es war eine Spur der Verwüstung, die der Hurrikan Katrina im August 2005 in New Orleans hinterlassen hatte: 80 Prozent der Stadt standen danach unter Wasser. Drei Jahre zuvor hatte das Elbhochwasser in Deutschland Schäden von etwa 15 Milliarden Euro angerichtet. Beide Fälle belegen eindringlich, welche Folgen Extremwetter bereits jetzt in den Industriestaaten haben können.

Wenn in Zukunft heftige Unwetter und Stürme sowie großflächige Überschwemmungen aufgrund des Klimawandels häufiger, intensiver und andauernder sein werden - und davon gehen die Meteorologen aus - dann werden nicht nur die Entwicklungsländer darunter leiden, sondern viele Regionen der Welt.

Dass sich diese Entwicklung noch aufhalten lässt, glaubt wohl niemand mehr ernsthaft. Eine Forderung vieler Wissenschaftler ist deshalb, sich besser auf die bevorstehenden Extremwetter vorzubereiten. Und das bedeutet nicht nur, neue und höhere Deiche zu bauen. Weltweit sind Bauwerke wie Brücken, Gebäude und Straßen in Gefahr. "Bei mancher Infrastruktur sind die Bemessungswerte nicht auf die Natureinwirkungen abgestimmt, die wir in Zukunft voraussichtlich erwarten müssen", sagt Dimitris Diamantidis von der Hochschule Regensburg. Mit anderen Worten: Es ist unklar, mit welchen "Lasten" solche Bauwerke in Zukunft bemessen werden sollten, um festzustellen, welche Maßnahmen, welche Absicherungen notwendig sind, damit wichtige Infrastrukturen auch künftig Schutz bieten und zuverlässig funktionieren.

Das Ziel, hier für mehr Klarheit zu sorgen, verfolgen nun Diamantidis und sein Team von der Hochschule Regensburg in einem gemeinsamen Projekt mit Celeste Barnardo-Viljoen, Johan Retief und Etienne van der Klashorst von der Stellenbosch University in Südafrika.

Deutschland und Südafrika müssen sich auf ähnliche, aber auch unterschiedliche Folgen der Erderwärmung einstellen. So rechnen die Forscher für Südafrika vor allem mit gefährlichen Flutwellen aufgrund des ansteigenden Meeresspiegels. Das gefährdet Küstenschutzbauwerke wie Deiche. Dazu kommen Windstürme, die auch schlanke Konstruktionen wie Hochspannungsleitungen zerstören können. Deutschland drohen dagegen eher weitere Hochwasser.

Die Fachleute entwickeln auf der Grundlage von Daten aus beiden Ländern statistische Modelle, mit denen sie Bemessungswerte für die extremen Lasten herleiten können. Durch die im Projekt entwickelten Verfahren können auch die Konsequenzen, die ein Versagen der betrachteten Konstruktion - etwa ein Einsturz - haben kann, berücksichtigt werden. Zu diesen Folgen gehören zum Beispiel, Umweltverschmutzung, wirtschaftliche Schäden und menschliche Verluste.

Akzeptable Kompromisse

Immer wieder optimieren sie ihre Ansätze, versuchen, die natur- und modellbedingten Unsicherheiten zu berücksichtigen, untersuchen die Implementierung verschiedener Sicherheitsmaßnahmen, testen mit unterschiedlichen Dimensionen der Bauwerke - bis schließlich Konstruktionen vorliegen, denen ein annehmbares Sicherheitsniveau zugrunde liegt. Auf dieser Grundlage hoffen die Risikoexperten beispielsweise beim Deichbau akzeptable Kompromisse zwischen der Sicherheit und den Kosten zu finden.

Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler inzwischen in Seminaren in Südafrika und Deutschland diskutiert, gemeinsam mit Studenten, Professoren sowie Vertretern von Ingenieurbüros und von Behörden. Schließlich sollen sie in die Arbeit von Normenausschüssen und wissenschaftlichen Kommissionen einfließen.

"Die Seminare waren sehr wichtig um Erkenntnisse auszutauschen und um weitere Entwicklungsperspektiven zu eröffnen", sagt Johan Retief von der Stellenbosch University. "Wir haben praxisnah gezeigt, wie in Deutschland und Südafrika Klimaänderungsfaktoren hergeleitet und angewandt werden. Da können wir viel voneinander und miteinander lernen."

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts, das im Rahmen des Deutsch-Südafrikanischen Wissenschaftsjahrs gefördert wurde, wollen die Wissenschaftler im Juni auf einer internationalen Konferenz zur Sicherheit von Baukonstruktionen an der Columbia University in New York vorstellen. Der Aufbau einer weiterführenden Kooperation der beiden beteiligten Hochschulen wird derzeit vorbereitet.

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