Klimawandel:"Umfassende menschliche Tragödie"

Wüstenausbreitung als Klimakiller bisher unterschätzt

Tengger-Wüste in der chinesischen Gansu-Provinz. Die Ausbreitung von Wüsten ist eine bereits sichtbare Folge des Klimawandels.

(Foto: dpa)
  • In Lindau versammelte Nobelpreisträger fordern in einer gemeinsamen Erklärung ein entschlossenes Vorgehen angesichts des Klimawandels.
  • Genau 60 Jahre zuvor war in Lindau mit dem "Mainauer Manifest" vor den Gefahren durch Kernwaffen gewarnt worden.

Von Johanna Pfund

60 Jahre nach dem Mainauer Manifest, das damals vor einem Atomkrieg warnte, haben die in Lindau versammelten Nobelpreisträger in einer gemeinsamen Erklärung einen entschlossenen Kampf gegen den Klimawandel gefordert. Ziel der Deklaration, die zum Abschluss des Treffens auf der Bodenseeinsel Mainau präsentiert und von bislang 36 Nobelpreisträgern unterzeichnet wurde, ist es, vor der nächsten Klimakonferenz in Paris ein deutliches Bekenntnis der Politik zum Klimaschutz einzufordern.

"Die wissenschaftliche Beweislast für den Klimawandel ist erdrückend", erklärte Brian Schmidt, Physik-Nobelpreisträger von 2011 und einer der Initiatoren der Deklaration. "Wir als Nobelpreisträger haben eine Stimme, die von Politikern gehört wird. Und mein Ziel ist, die Politiker daran zu erinnern, dass sie Verantwortung haben." Richtschnur des Handelns sollten die Empfehlungen des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) sein.

"Umfassende menschliche Tragödie"

Zeit für weitere unverbindliche Absichtserklärungen gibt es nach Ansicht der Wissenschaftler nicht. "Wir können keine weiteren fünf Jahre so weitermachen", sagte Schmidt. Er und seine Mitstreiter Steven Chu (Nobelpreis für Physik 1997 und von 2009 bis 2013 US-Energieminister), Peter Doherty (Nobelpreis für Medizin 1996), David Gross (Nobelpreis für Physik 2004) und George Smoot (Nobelpreis für Physik 2006) sind sich darin einig, dass die Daten alarmierend seien. Manche Regionen, etwa im Himalaya, litten bereits jetzt unter den Folgen der Klimaerwärmung, dazu kämen Dürren wie in Indien oder im mittleren Westen der USA. "Wenn wir dem nicht entgegensteuern, so wird die Erde schließlich nicht mehr in der Lage sein, den Bedürfnissen der Menschheit gerecht zu werden und unsere ständig zunehmende Nachfrage nach Nahrung, Wasser und Energie zu decken. Und dies wird zu einer umfassenden menschlichen Tragödie führen", heißt es im Deklarationstext (hier finden Sie die vollständige Erklärung der Preisträger).

Welche Folgen die Erwärmung der Erde hat, das können auch die Wissenschaftler nicht genau vorhersagen. Es gebe große Risiken, sagte Chu, doch auch viele Unsicherheiten. Man könne aber nicht weiterhin abwarten. "Wollen wir weitere 50 Jahre warten, um uns absolut sicher zu sein, was passieren wird?" Die notwendigen Technologien, um Energie zu sparen und damit den Ausstoß von Kohlendioxid zu begrenzen, seien vorhanden. Kosten entstünden vor allem durch weiteres Zögern, betonte Chu.

In der Pflicht sieht die Gruppe der Nobelpreisträger vor allem die Regierungen der beiden größten Umweltsünder, USA und China. Eines der größten Probleme sei es, Gerechtigkeit beim Energieverbrauch zu schaffen. Internationale Standards könnten Abhilfe schaffen. Der Klimawandel müsse auf jeden Fall gestoppt werden, erklärte David Gross. "Vor 60 Jahren warnte man hier bei der Tagung vor Atomwaffen, jetzt kommen wieder Preisträger zusammen, um vor dem Klimawandel zu warnen. Der ist eine ähnliche Katastrophe."

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