Klimawandel:75 Prozent der Alpengletscher verschwinden bis 2100

Kanadische Forscher warnen vor dem weltweiten Schmelzen der Gletscher und Eiskappen - mit schwerwiegenden Folgen für die Verfügbarkeit von Wasser. Europa wird besonders stark betroffen sein.

Bis zum Ende des Jahrhunderts wird die Erderwärmung möglicherweise 75 Prozent der Alpengletscher abschmelzen lassen, warnen kanadische Klimaforscher. Dabei sind die Alpen weltweit die am stärksten betroffene Gebirgsregion: Insgesamt werde das Volumen von Gletschern und Eiskappen bis zum Ende des Jahrhunderts um 15 bis 27 Prozent zurückgehen, so die Prognose der Geophysiker Valentina Radic und Regine Hock von der University of British Columbia, Vancouver, Alaska.

Umweltminister fordert  besseren Schutz der Alpengletscher

Kanadische Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Gletscher in den Alpen bis 2100 zwischen 60 und 90 Prozent ihres Volumens einbüßen werden.

(Foto: ddp)

Die Studie berücksichtigt ausdrücklich nicht die Folgen des Klimawandels auf die gewaltigen Eisschilde von Grönland und der Antarktis. Diese Schilde oder Kontinentalgletscher enthalten über 99 Prozent des weltweiten Eises.

Je nach Modell, so berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin Nature Geoscience, werden die Gletscher in den Alpen zwischen 60 und 90 Prozent ihres Volumens einbüßen. Die Bergregionen Neuseelands verlieren 72 Prozent ihres Eises. Wesentlich schwächer sollen dagegen die Auswirkungen auf Eiskappen und Gebirgsgletscher in Grönland und Asien sein, die acht und zehn Prozent ihres Volumens verlieren.

"Eisverluste dieses Ausmaßes werden beachtliche Auswirkungen auf die regionalen Wasserverhältnisse und die Verfügbarkeit von Wasser haben", heißt es in der Studie. Dabei würden einige Weltgegenden deutlich stärker betroffen sein als andere - abhängig von der Höhe der Gletscher, der Beschaffenheit des Bodens oder regionalen Unterschieden beim Temperaturanstieg. Für die Bevölkerung der betroffenen Gebiete könnte dies mit Überschwemmungen oder in trockenen Gebieten, wo Gletscher als Trinkwasserreservoire dienen - mit Wassermangel einhergehen.

Anstieg des Meeresspiegels

Allein das Schmelzwasser des untersuchten Eisverlusts könnte die Meeresspiegel um neun bis 16 Zentimeter ansteigen lassen, sagten die Forscher voraus. Neben dem Schmelzwasser ist auch die durch die Erderwärmung erzeugte Ausdehnung des Wassers ein wichtiger Faktor für den Anstieg der Meeresspiegel.

Gletscher Kanada

Spalten öffnen sich im Trapridge-Gletscher, Yukon, Alaska. Auch hier schmilzt das Eis - wenn auch nicht in einem Ausmaß wie in Europa.

(Foto: Christian Schoof)

Die zehn Computermodelle der Wissenschaftler beziehen sich auf mehr als 120.000 Berggletscher und Eiskappen in den 19 Regionen, in denen sich alle diese Eisgebilde weltweit befinden - mit Ausnahme von Grönland und der Antarktis. Für ihre Berechnungen nutzten sie Daten von 300 Gletschern aus den Jahren 1961 bis 2004. Dabei gingen sie von einem Szenario des Weltklimarates IPCC aus, in dem die weltweite Durchschnittstemperatur bis zum Ende des 21. Jahrhunderts um 2,8 Grad Celsius ansteigt.

Ähnlich düster fällt die Prognose von kanadischen Wissenschaftlern der University of Victoria und der University of Calgary aus. Selbst wenn alle Kohlendioxidemissionen bis zum Jahr 2100 gestoppt würden, würden die Treibhausgase in der Atmosphäre und die bisherigen Entwaldungen das Klima bis zum Jahr 3000 beeinflussen. Für ihre Vorhersage nutzten die Forscher ein etwas anderes, pessimistischeres Szenario des Weltklimarates als ihre Kollegen in Vancouver. In diesem Szenario steigt die Temperatur bis 2100 um durchschnittlich um 3,4 Grad Celsius an.

Dies könnte bis zum Jahre 3000 zu einem weitgehenden Kollaps des Eisschildes der westlichen Antarktis führen, was den Meeresspiegel um etliche Meter ansteigen lassen würde, warnen die Klimaforscher im Fachmagazin Nature Geoscience. Etliche besiedelte Küstenregionen würden so zu einem Teil des Meeresbodens.

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