Klimawandel:Bären-Dienst für die Kirschblüte

Klimawandel: Die japanische Kirschblüte ist vom Klimawandel bedroht.

Die japanische Kirschblüte ist vom Klimawandel bedroht.

(Foto: AFP)

Die japanischen Kirschbäume sind vom Klimawandel bedroht. Doch es gibt einen Hoffnungsschimmer: Bären-Ausscheidungen.

Von Hanno Charisius

Mitten in die japanische Kirschblütensaison platzt die Nachricht, dass auch diese Schönheit durch den Klimawandel bedroht ist. Den Kirschen wird es an vielen Orten zu warm und anders als Tiere können sie nicht einfach in kühlere Gefilde fliehen. Jedenfalls nicht ohne Hilfe. Die scheint nun ausgerechnet von Bären zu kommen.

Drei Jahre lang hat eine japanische Forschergruppe die Ausbreitung von Kirschkernen durch Bären studiert und eine klare Tendenz entdeckt: Für die Kirschen geht es bergauf. Die Bären fressen im Tal die Früchte, und wenn es im Gebirge wärmer wird und auch dort wieder Nahrung zu finden ist, ziehen die Pelztiere in die Höhe. In ihrem Verdauungstrakt transportieren sie dabei die Reste ihrer letzten Kirschmahlzeit mit in die Berge. Dort ausgeschieden landen die Samen mitunter an Plätzen, die ein geeigneteres Klima für ihren Wuchs bieten, so berichtet das Team um den Professor für Forstbiologie, Shinsuke Koike, von der Universität Tokio.

Es ist ein Glück für die Kirsche, dass sie ihre Früchte so früh reifen lässt und es ihre Migrationshelfer zu der Zeit auch in die Höhe zieht. Samen spätblühender Pflanzen schleppen die Bären im Herbst ins Tal, wo sie durch die Erderwärmung kaum langfristige Überlebenschancen haben.

Das Beispiel zeigt erneut, wie wichtig Tiere sind für den Erhalt der Natur - und als Dienstleister für den Menschen. Allein die Wirtschaftsleistung der Bienen weltweit wird auf mehr als 150 Milliarden Euro geschätzt, weil sie wichtige Kulturpflanzen bestäuben, die sich sonst nicht so einfach vermehren würden. Die Bedeutung der Bienen für die Welternährung ist inzwischen weitgehend bekannt.

Allgemein unterschätzt wird hingegen, was Fledermäuse leisten. Sie transportieren Pflanzensamen über Hunderte Meter in ihren Innereien, bevor sie die fruchtbare Fracht fallen lassen. Zahlreiche Baumarten wären ohne Fledermäuse aufgeschmissen. Es gibt sogar Überlegungen, die fliegenden Säugetiere zur Wiederaufforstung gerodeter Flächen einzusetzen.

In vielen afrikanischen Ländern wiederum sind Palmenflughunde wichtige Samentransporteure. Sie können Distanzen von mehreren Hundert Kilometern überbrücken. Flughund-Kolonien werden allerdings vielerorts bekämpft, weil die Tiere auch Ebola-Viren übertragen können. Die Jagd auf Pflanzenverbreiter könnte sehr weitreichende Folgen haben, sagt der Verhaltensphysiologe Christian Voigt vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung, der unter anderem untersucht, wie Fledermäuse auf Eingriffe des Menschen in die Natur reagieren.

Wie komplex solche "Kaskadeneffekte" ausfallen können, zeigt eine weitere Studie, die am Dienstag im Fachjournal Nature Communications erschienen ist. Ein internationales Forscherteam hatte untersucht, was passiert, wenn die wichtigsten Samentransporteure fehlen würden. In tropischen Wäldern würden dann bald deutlich weniger Bäume wachsen. Damit würde weniger Kohlenstoff aus der Luft gebunden, was den Klimawandel beschleunigt. Der wiederum bedroht nicht nur die japanischen Kirschbäume. Die Wissenschaftler fordern deshalb, nicht nur die Wälder zu schützen, sondern auch die Tiere, die als Gärtner der Natur unersetzbar sind.

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