Klimagipfel in Warschau:Nur noch Beiträge statt feste Zusagen

Klimagipfel in Warschau: Welche Richtung soll man einschlagen, auf dem Weg zum Klimaabkommen? Demonstranten in Warschau protestieren gegen die Blockadehaltung der Industriestaaten.

Welche Richtung soll man einschlagen, auf dem Weg zum Klimaabkommen? Demonstranten in Warschau protestieren gegen die Blockadehaltung der Industriestaaten.

(Foto: AFP)

Eigentlich sollte die Konferenz in Warschau ein wichtiger Schritt werden hin zu einem Klimaabkommen. Doch Bremser dominieren die Verhandlungen. Vor allem die USA und China demonstrieren, wie Stillstand aussieht. Und am Nachmittag gelingt es Indien, den Fahrplan massiv abzuschwächen.

Von Michael Bauchmüller, Warschau

Das Spiel mit den Milliarden hat begonnen. Die ganze Nacht über hatten die Staaten verhandelt, über einen Fahrplan zu einem neuen Klimaabkommen, über Hilfen für die ärmsten - und über einen milliardenschweren Fonds, der den Aufbau einer klimafreundlichen Wirtschaft auch in Entwicklungsländern fördern soll. Vor allem an diesem Fonds hängt nun alles.

Wie Stillstand auf einer Klimakonferenz aussieht, das demonstrieren am Samstagvormittag zwei Regierungen, sie brauchen keine zehn Minuten dafür. Als erstes meldet sich der US-Delegierte Todd Stern. Es gebe nun einen zu dem Milliardenfonds einen Kompromiss, der für die USA "sehr schwierig" sei - obwohl er kaum konkrete Ziele enthält. Werde diese Einigung wieder aufgemacht, "dann wollen wir auch einiges ändern."

Kurz darauf meldet sich der chinesische Unterhändler Xie Zhenhua zu Wort: Die Einigung müsse unbedingt wieder aufgemacht werden. "Der gegenwärtige Text ist nicht ausgewogen", sagt er. "Wir brauchen einen Zeitrahmen und Meilensteine" - etwa konkrete Zusagen, wie viele Milliarden die Industriestaaten bis 2016 in den Fonds einzahlen wollen. Schließlich soll er bis 2020 auf dann 100 Milliarden Dollar anwachsen. Zumindest das steht seit drei Jahren fest. Was da gerade geschehe, sagt Oxfam-Chefin Winnie Byanyima, sei "sprachliches Yoga". Stillstand eben.

"Alles sieht nach komplettem Chaos und Konfusion aus", hatte EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard schon am Vorabend gesagt. 20 Stunden später hat sich daran nicht viel geändert. Dabei sollte schon am Freitagabend eigentlich alles abgeschlossen sein.

Rechtliche Form bleibt offen

Nur zäh kommt die Konferenz voran. Stundelang diskutiert sie über den Fahrplan für ein neues Klimaabkommen, der in Warschau beschlossen werden soll. Denn die Konferenz soll ein zwar kleiner, aber wichtiger Schritt werden hin zum Klimaabkommen werden. Das soll 2015 in Paris geschlossen werden, und damit das Unterfangen nicht ähnlich ausgeht wie 2009 in Kopenhagen, soll es diesmal ordentlich vorbereitet sein. Bis zum nächsten Jahr könnten die Staaten dann vorlegen, wie viel sie vor und nach 2020 für den Klimaschutz beitragen wollen, wie sie die Fortschritte überprüfen, wann die ersten Entwürfe für ein neues Abkommen vorliegen. All jene Fragen, die vor Kopenhagen keiner so recht geklärt hatte - bis schließlich so viele offene Fragen auf dem Tisch lagen, dass sie sich kaum noch auf einen Schlag lösen ließen.

Am Nachmittag schließlich gelang es Indien, den Fahrplan massiv abzuschwächen, mit denkbar weichen Formulierungen. Demnach sollen die Staaten nun bis zum Frühjahr 2015 nicht mehr feste "Zusagen" machen, wie stark sie ihre Emissionen mindern wollen - sondern stattdessen nur "Beiträge" zum Klimaschutz festlegen. Auch die rechtliche Form bleibt bis zuletzt offen: Die Konferenz von Paris könnte damit dereinst vor ähnlich großen Aufgaben stehen wie die in Kopenhagen. "Aber der Zug hat jetzt schon so viel Verspätung, dass es eigentlich unmöglich ist, das bis Paris aufzuholen", sagt Thomas Hirsch, der für Brot für die Welt die Verhandlungen verfolgt.

Und die Milliarden-Frage nach der Finanzierung ist da immer noch offen. So gehen die Verhandlungen in den Abend. Beobachter schließen nicht mehr aus, dass sie sich bis in die Nacht ziehen. Und angesichts allen Chaos' und aller Konfusion ist nicht mal ausgeschlossen, dass das Ergebnis dieser Konferenz noch weniger als dürftig ausfällt. "Es gibt eine sehr reale Chance", sagt Oxfam-Chefin Byanyima, "dass diese Konferenz kollabiert."

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