Kalzium-Präparate:Gefahr fürs Herz

Der vorbeugende Nutzen von Kalzium-Präparaten ist fraglich. Jetzt zeichnet sich auch noch ein möglicher Schaden ab: Sie können das Risiko für Herzinfarkte um bis zu 30 Prozent erhöhen.

Werner Bartens

Millionen Menschen weltweit nehmen Kalzium-Präparate. Ältere wollen damit einer Osteoporose vorbeugen und verhindern, dass die Knochen fragiler werden und leichter brechen. Jüngere Menschen reden sich einen Mineralstoffmangel ein.

Gemüse statt Pillen

Manche Nahrungsergänzungsmittel richten offenbar mehr Schaden an, als dass sie nützen.

(Foto: dpa)

Der präventive Nutzen dieser Nahrungsergänzungsmittel ist wissenschaftlich nicht seriös belegt und daher bestenfalls gering. Dafür zeichnet sich ein möglicher Schaden durch die Brause- und Kautabletten immer deutlicher ab: Kalziumzusätze können das Risiko für Herzinfarkte um bis zu 30 Prozent erhöhen. Im Fachblatt British Medical Journal vom heutigen Freitag beschreiben neuseeländische und schottische Ärzte diesen Zusammenhang (Bd.341, S.c3691, 2010).

Das Team um Mark Bolland von der Universität Auckland hatte für eine Metaanalyse elf hochwertige Studien mit insgesamt 12000 älteren Patienten ausgewertet. "Da Kalzium-Präparate so weit verbreitet sind, kann auch ein geringer Anstieg der Wahrscheinlichkeit für Infarkte zu einer Menge Leid in der Bevölkerung führen", schreiben die Autoren.

Während das Risiko für Herzinfarkte eindeutig erhöht war, beobachteten die Forscher tendenziell auch mehr Schlaganfälle und Todesfälle bei jenen Probanden, die Kalzium-Präparate nahmen. Dieser Zusammenhang war allerdings statistisch nicht aussagekräftig.

Die Forscher betonen, dass die Infarkt-Gefahr bei Menschen nicht erhöht ist, wenn sie mehr Kalzium mit der Nahrung aufnehmen. Das Risiko scheint auf die Ergänzungspräparate beschränkt zu sein. Von diesen ist bekannt, dass sie den Kalziumspiegel im Blut stärker erhöhen als dies eine kalziumreiche Ernährung etwa mit Milchprodukten vermag.

Da ein erhöhter Kalziumspiegel die Verkalkung und somit die erwünschte Härtung der Knochen anregt, vermuten Forscher schon länger, dass mehr Kalzium im Blut auch die - nicht erwünschte - Verkalkung der Adern fördert. Dies führt zur Verengung und damit oft auch zur Verstopfung der Blutgefäße, was am Herzen einen Infarkt auslöst.

Die Autoren haben ermittelt, dass die Behandlung von 1000 Menschen mit Kalzium-Präparaten zwar 26 Knochenbrüche verhindern könnte. Dafür käme es aber zu 14 Infarkten, 13 Todesfällen und zehn Schlaganfällen.

"Angesichts der Daten muss die Kalzium-Gabe neu bewertet werden", fordern die Autoren. John Cleland von der Universität Hull wird noch deutlicher: "Patienten mit Osteoporose sollten kein Kalzium bekommen", sagt er.

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