Jahrhundert-Dürre:Der große Durst

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Der Mekong ist wie tot - seit Jahrzehnten hat der Fluss nicht so wenig Wasser geführt. Nun zeigen viele mit dem Finger auf die Chinesen: Deren Staudämme verschärfen die Jahrhundert-Dürre in Asien.

Sebastian Herrmann

Die Hauptschlagader Südostasiens entspringt in den Bergen Tibets. Aus etwa 5000 Metern Höhe strömt von dort eine riesige Masse Wasser hinunter ins Flachland - und ergießt sich nach mehr als 4000 Kilometern in das größte Flussdelta der Erde ins Südchinesische Meer.

Unterwegs passiert der Mekong-Fluss China, Myanmar, Laos, Thailand, Kambodscha und Vietnam. 65 Millionen Menschen sind von diesem Gewässer abhängig. Sie fischen darin, trinken daraus, nutzen ihn als Verkehrsweg, wandeln seine Kraft zu Strom um und bewässern ihre Felder. In diesem Jahr ist der Mekong allerdings wie tot - seit Jahrzehnten hat der Strom nicht so wenig Wasser geführt. Mancherorts ist er nur noch 40 Zentimeter tief.

In Südostasien zeigen nun viele mit dem Finger auf China: Wegen der Staudämme am Oberlauf, heißt es, trockne die Lebensader der Region aus.

Im thailändischen Badeort Hua Hin treffen sich derzeit Vertreter der Anrainerstaaten des Mekong. Chen Mingzhong wies dort am Freitag alle Anschuldigungen zurück. Die extreme Dürre in der Region sei für den niedrigen Pegel verantwortlich, erklärte der Vertreter des chinesischen Wasser-Ministeriums auf der Konferenz der Mekong River Commission (MRC). Die Dämme am Oberlauf hätten die Situation nicht verschärft.

Tatsächlich wird die gesamte Region derzeit von einer ungewöhnlichen Dürre heimgesucht. Die Trockenzeit setzte im Oktober ein - viel zu früh im Jahr. Seit mehr als 50 Jahren hat es dort nicht so geringe Niederschläge geben. Gleichzeitig messen Meteorologen Rekordtemperaturen.

Besonders stark betroffen ist der Südwesten Chinas. 20 Millionen Menschen in den dortigen Provinzen leiden direkt unter der Dürre. Trinkwasser ist rationiert worden, die Ernte auf 6,5 Millionen Hektar Ackerland könnte verloren gehen oder ist bereits zerstört. Auch in den Nachbarländern Chinas ringen die Bauern um Zugang zu Wasser.

Dass die Dürre die Hauptursache für die niedrigen Pegel des Mekong ist, bestreitet in Südostasien niemand. Doch die chinesischen Staudamm-Projekte lösen Misstrauen aus. Der Xiaowan Damm in der Provinz Yunnan staut den Fluss seit 2004. Wenn das noch nicht fertiggestellte Kraftwerk arbeitet, wird der Damm die zweithöchste Staumauer der Welt sein. Mehr Elektrizität wird in China nur der Drei-Schluchten-Staudamm produzieren.

Acht weitere Dämme am Mekong werden in Yunnan derzeit gebaut. Die Anrainerstaaten bezieht China nicht in die Planung ein. Peking baut, diskutiert wird nicht. Auch über die Wassermenge, die aus den Schleusen strömt, informiert China die Nachbarn kaum. Der MRC, in der sich die Mekong-Staaten zusammen geschlossen haben, um die Fluss-Bewirtschaftung zu koordinieren, gehört Peking nur als Beobachter an.

Vor allem in Thailand fürchten viele, dass China in Zeiten der Dürre Wasser zum eigenen Bedarf abzweigt und die Situation flussabwärts verschärft. Man werde mehr Informationen und bessere Kooperation von den Chinesen einfordern, erklärte ein thailändischer Regierungssprecher. Immerhin habe China kürzlich Wasser aus seinen Staudämmen abgelassen, um den Pegel des Mekong anzuheben, sagte MRC-Generalsekretär Jeremy Bird. Aber das wird die Mekong-Anrainer kaum beruhigen.

Schon 2007 führte der Fluss sehr wenig Wasser. Damals klagten die Mekong-Schiffer im Süden, sie seien es leid, stets nur dann einige Kilometer fahren zu könnten, wenn die Chinesen im Norden kurz die Schleusen öffneten.

© SZ vom 03.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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