50 Jahre Laser:"Ich erwarte von Ihnen, dass Sie sterben!"

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James Bond, Star Wars und die Faszination für eine neue Technik - Der Laser infizierte die Phantasie der Menschen. Die Vorstellungen sind oft fern der Realität.

Tobias Kniebe

Das Ding glimmt bläulich und macht garstig pulsierende Geräusche. James Bond liegt darunter, gefesselt an Händen und Füßen. Eine Zündung, ein Sirren, dann schießt ein roter Lichtstrahl aus der Apparatur.

In Wirklichkeit würden sich die Kämpfenden mit den Laserstrahlen gegenseitig in dünne, blutige Scheiben schneiden. (Foto: Foto: dpa)

Er trifft auf eine Platte aus Gold, lässt Funken sprühen, durchschneidet das Metall wie Butter, bewegt sich voran. Der Punkt, wo er in wenigen Sekunden auf James Bond treffen wird, liegt genau zwischen dessen Beinen. Auch deshalb brennt sich diese Szene, vor allem bei den männlichen Zuschauern, ins Gedächtnis ein.

Als der Film "Goldfinger" im Jahr 1963 gedreht wurde, war dies eine technisch völlig neuartige Entwicklung. Keine drei Jahre zuvor hatte die Wissenschaft den ersten funktionsfähigen Laser vorgestellt, schon bemächtigte sich die Populärkultur der Erfindung - und schuf gleich ein bleibendes Bild für ihre Kraft, ihre Schönheit, ja man möchte fast sagen: ihre Potenz.

Der Laser als phantasmagorische Wunderwaffe durfte sofort gegen James Bond antreten. Ein Schwanzvergleich der besonderen Art, den Bond allerdings in letzter Sekunde dann doch lieber abgebrochen hat.

Lang bevor der Laser in CD-Playern, Arztpraxen und Bürodruckern domestiziert wurde und in den Alltag Einzug hielt, eroberte er die Phantasie der Menschen. Irgendetwas musste an ihm dran sein, das ihn mystischer und spektakulärer erscheinen ließ als andere Neuerungen jener Zeit.

Vielleicht war es die Vorstellung, dass etwas Nicht-Materielles, letztlich Ungreifbares - einfach ein Strahl aus besonders scharf fokussiertem Licht - eine derart durchschlagende, alles zerstörende Wirkung haben sollte.

Seither ist der Laser aus dem Science-Fiction-Film nicht mehr wegzudenken. Bordkanonen von Raumschiffen genauso wie Flugabwehrgeschütze, Handfeuerwaffen und Massenvernichtungsstrahlen, die ganze Planeten pulverisieren können, arbeiten alle selbstverständlich mit Laser-Technologie.

Bond selbst durfte die technische Entwicklung ebenfalls miterleben - das klobige Gerät, das ihn Anfang der 1960er-Jahre fast entmannt hätte, passt Mitte der 1990er-Jahre in "Goldeneye" bereits in seine Armbanduhr und konnte im Ernstfall eine schwere Stahlplatte durchtrennen.

Am eindrucksvollsten ist die fast abergläubische Vorstellung, dass das Licht im Laser sozusagen zum Festkörper wird und sich zur Schlag- und Stichwaffe versteift, sicherlich im Bild des Laserschwerts umgesetzt.

Jedischwerter als Hohn physikalischer Erfahrungen

Auf englisch "Lightsaber", also Lichtsäbel genannt, wurde es von George Lucas für den Film "Star Wars" erfunden. Diese Waffe, die nur dem Orden der Jediritter und seinen dunklen Gegnern, den Sith, zur Verfügung steht, besteht im Ruhezustand nur aus einem metallenen Schwertgriff.

Einmal aktiviert, projiziert dieser Griff einen etwa ein Meter langen Laserstrahl in den Raum, der wie eine sehr, sehr scharfe Klinge funktioniert.

Gleich zweifach spricht das Laserschwert dabei jeder physikalischen Erfahrung Hohn: Erstens kann man einen so starken Lichtstrahl, einmal ausgesandt, nicht nach einem Meter schon wieder stoppen - und zweitens hätte ein solches Schwert keinerlei abwehrende Wirkung:

Während bei Lucas' Laserschwertduellen der Schlag des Gegners mit einem elektrischen Knistern abgeblockt werden kann, müssten zwei Lichtstrahlen, die sich kreuzen, in der Wirklichkeit durcheinander hindurchgehen - die Kämpfenden würden sich gegenseitig in dünne, blutige Scheiben schneiden.

Ein wenig von der stofflichen Präsenz und Gefährlichkeit, die wir dem Laser in solchen Phantasien zugestehen, hat sich bis heute in den kleinen gelben Schildern erhalten, die auf technischen Geräten angebracht sind, die innen drin einen Laser enthalten. Diese Schilder warnen - aber vor was eigentlich?

Fälle, in denen sich jemand beim Öffnen eines CD-Players etwa am Laserstrahl geschnitten hätte, haben in all den Jahren nie ihren Weg an die Öffentlichkeit gefunden.

Der Mythos des Lasers springt in die Realität über

Der Moment, in dem der Mythos des Lasers aus der Popkultur sozusagen in die Realität übersprang, mit doch recht gravierenden Folgen, ereignete sich schließlich in der amerikanischen Regierungspolitik zur Zeit Ronald Reagans.

Bis heute ist nicht ganz klar, ob der Schauspieler-Präsident einfach zu viele George-Lucas-Filme gesehen hatte, oder was sonst das Problem war - aber damals wurde tatsächlich die Idee geboren, einen strategischen Schutzschirm im Weltall zu installieren, der in der Lage sein sollte, sämtliche Langstreckenraketen des Gegners, also der Sowjetunion, noch im Flug zu vernichten, bevor sie ihr Ziel erreichten - vorzugsweise natürlich mit Lasertechnologie.

Diese "Strategic Defense Initiative", 1983 geboren, erhielt sofort den Spitznamen "Star Wars" und galt in Fachkreisen schnell als unwissenschaftlich und undurchführbar. Das änderte aber nichts daran, dass die Amerikaner bis zu ihrer Einstellung durch Bill Clinton deutlich über 100 Milliarden Dollar dafür ausgegeben haben.

Lernen kann man aus all diesen Fakten eigentlich nichts - denn es war von Anfang an klar, dass mit dem Laser nicht zu spaßen wäre. "Erwarten Sie von mir, dass ich rede?", rief der gefesselte James Bond seinerzeit dann doch etwas nervös, als die glühende Spur von Goldfingers Laser immer näher an sein bestes Stück heranrückte.

Aber der große Goldfinger schüttelte nur höhnisch den Kopf und sprach, mit dem unnachahmlichen sächsischen Akzent des großen Gerd Fröbe: "Nein, Mr. Bond. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie sterben!"

© SZ vom 15.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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