50 Jahre Laser:Der Tanz des roten Lichtpunkts

Als Theodore Maiman den Laser entwickelte, hieß es: "Mann aus Los Angeles erfindet Science-Fiction-Todesstrahl". Heute sind Laser unverzichtbare Werkzeuge.

A. Stirn

"Mann aus Los Angeles erfindet Science-Fiction-Todesstrahl", titelte der Los Angeles Herald: Für die Lokalpresse der kalifornischen Metropole stand außer Frage, was Theodore Maiman gerade erschaffen hatte - auch wenn der junge Physiker das anders sah.

Theodore Maiman, AP

Theodore Maiman mit dem ersten Laser in der Geschichte.

(Foto: Foto: AP)

Wenige Tage zuvor, am 16. Mai 1960, war es Maiman nach langer Vorarbeit gelungen, einen roten Lichtpunkt über seine Laborwand in Malibu tänzeln zu lassen - er hatte den ersten funktionierenden Laser gebastelt. Es war der Anfang eines Siegeszugs, der die Welt verändern sollte.

"Die Menschheit hat mit dem Laser eine absolut neue Qualität des Lichts geschaffen", sagt Wolfgang Sandner, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft; nirgends in der Natur gibt es solche Strahlung.

"Der Laser", ergänzt Thomas Baer vom Photonics Research Center der kalifornischen Stanford-Universität, "gehört ohne Frage zu den wichtigsten Erfindungen des vergangenen Jahrhunderts."

Medizin, Kommunikation und Unterhaltungselektronik sind ohne die energiereichen, stark gebündelten Strahlen nicht mehr denkbar. "Mit Lasern kann man im Grunde alles machen", sagt der Leiter des Fraunhofer-Instituts für Werkstoff- und Strahltechnik in Dresden, Eckhard Beyer.

Seit ihrer Erfindung vor 50 Jahren werden die Lichtmaschinen immer kleiner, immer schneller und - wie im Fall der amerikanischen National Ignition Facility - immer leistungsfähiger.

Wettrennen in der Laserforschung

Theodore Maiman indes wollte die Welt weder verändern noch vernichten, als er vor 50 Jahren seinen Laser zusammenschraubte.

Der Physiker in Diensten der kalifornischen Hughes Research Laboratories wollte einfach schneller sein als die Konkurrenz - auch wenn die damals übermächtig erschien: Die finanziell bestens ausgestatteten Bell Laboratories arbeiteten ebenso am Laser wie IBM und Siemens.

Sein größter Widersacher aber war Gordon Gould von der privaten Forschungseinrichtung Technical Research Group. Er paktierte mit dem amerikanischen Verteidigungsministerium, um schneller voranzukommen.

Das Pentagon suchte zu jener Zeit tatsächlich einen Todesstrahl. Gould wurde aber zum Verhängnis, dass er in den 1940er-Jahren zu einer marxistischen Studentengruppe gehört hatte. Für das Militär war er damit ein Sicherheitsrisiko - und wurde von seinem eigenen Projekt verbannt.

Dass sich die Forscher ein derartiges Wettrennen liefern konnten, lag an den Vorarbeiten. Das theoretische Konzept des Lasers lag seit 1951 vor, und schon 1954 hatte der sogenannter Maser funktioniert, der Mikrowellen nach dem gleichen Prinzip verstärkte, das Maiman beim Laser nutzte.

Selbst der Begriff war älter als das Gerät. Das Wort Laser entstand aus der Abkürzung "Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation" (Lichtverstärkung durch stimulierte Emission).

Das erste Laserlicht der Geschichte

Theodore Maiman gewann das Rennen in seinem Labor in Malibu, mit Holzfußboden und Blick auf den Pazifik, weil er auf ungewöhnliche Materialien vertraute: Er formte einen Rubinkristall zum Zylinder und steckte ihn in eine spiralförmige Xenon-Blitzlampe, wie sie zu jener Zeit in der Fotografie üblich war.

50 Jahre Laser: Das Prinzip des Lasers

Das Prinzip des Lasers

(Foto: Foto: SZ Grafik)

Ihr starkes Licht sollte die Elektronen der Atome im Rubin auf höhere Energieniveaus heben. Sobald einige von ihnen in den Grundzustand zurückfielen, würden sie das typische Rot des Rubins aussenden, dabei weitere angeregte Atome mitreißen und so das rötliche Licht verstärken.

Dazu verspiegelte Maiman die Enden seines Zylinders. Die Spiegel, einer davon leicht durchlässig, schickten den roten Strahl immer wieder durch den Kristall und ermunterten so weitere angeregte Atome zur Produktion von Lichtteilchen.

Und es gelang: Durch den halbtransparenten Spiegel entkam das erste Laserlicht der Geschichte. Maimans vermeintliche Wunderwaffe hatte nur eine Leistung von wenigen Watt - doch es war das Prinzip, das zählte: Laser erzeugen durch ihren Aufbau stark gebündelte und sehr energiereiche Strahlen.

Das freut nicht nur Filmschurken wie Gert Fröbe im James-Bond-Abenteuer "Goldfinger", sondern auch Augenärzte, die mit Laserstrahlen gezielt Hornhautzellen verdampfen. Das Laserlicht ist zudem extrem rein: Es besteht aus Wellen, die alle die gleiche Frequenz haben und im selben Takt schwingen - eine wichtige Voraussetzung für die Übertragung von Daten.

Maimans Erfolg löste hektische Aktivität in vielen Laboren aus. Seine Kollegen entwickelten Laser mit anderen Farben, auf der Basis von Feststoffen, Gasen oder Halbleitern, für Infrarot- und Röntgenlicht.

Milliarden Laserdioden, tausende Laseroperationen

Allein beim amerikanischen Patentamt sind mehr als 55.000 Anträge mit dem Schlagwort "Laser" eingegangen. Rund eine Milliarde Laserdioden stecken in CD-, DVD- und Blu-Ray-Laufwerken, wo sie Filme oder Musik auf Silberscheiben schreiben oder die Daten lesen.

92.000 Laseroperationen zur Korrektur von Fehlsichtigkeit haben deutsche Augenärzte im vergangenen Jahr durchgeführt. Die weltweit verlegten Glasfaserkabel, die mithilfe von Lasern das Internet in Gang halten, könnte man 23000-mal um den Globus schlingen.

"Laser haben die technologische Entwicklung in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend voran gebracht", sagt Stanford-Forscher Baer. "Daran wird sich in Zukunft nichts ändern."

Die Grenzen des Laser-Prinzips sind bei weitem nicht ausgereizt: Vor zwei Monaten haben Physiker der ETH-Zürich zum Beispiel den mit Abstand kleinsten elektrisch gepumpten Laser der Welt vorgestellt. Der Winzling misst, wie die Forschergruppe um Christoph Walther im Fachmagazin Science berichtete, lediglich drei Hundertstel Millimeter.

Er ist damit kleiner als die Wellenlänge seiner Strahlen. Für die Zukunft planen die Zürcher Forscher, ihre Lichtquelle weiter schrumpfen zu lassen - bis auf die Größe der Transistoren in einem modernen Mikroprozessor. Computer könnten dann anstatt mit Elektronen, die sie mühsam durch ihre Schaltkreise pressen müssen, mit Lichtgeschwindigkeit rechnen.

Margaret Murnane, Physikerin an der Universität von Colorado in Boulder, versucht derweil, Laserpulse immer kürzer zu machen. Inzwischen ist sie bei zehn Trillionstel Sekunden angelangt - das ist schneller als alle natürlichen Prozesse auf der Erde. Wie ein Blitzlicht kann so ein Laser jede Bewegung festhalten. Murnane will es einsetzen, um den Ablauf chemischer Reaktionen oder die Vorgänge in menschlichen Zellen zu erkunden.

Theodore Maiman, der vor zehn Jahren bei einer Prostataoperation in München selbst von der Lasertechnik profitierte, erlebt das alles nicht mehr. Er starb vor drei Jahren in Vancouver.

Viele Auszeichnungen hat der Physiker im Laufe seines Lebens bekommen, der Nobelpreis aber blieb ihm verwehrt. Und reich ist er durch seine Erfindung auch nicht geworden.

Das gelang ausgerechnet seinem schärfsten Widersacher: Nach mehr als drei Jahrzehnten Rechtsstreit bekam Gordon Gould 48 Patente rund um den Laser zugesprochen. Historiker schätzen, dass die Schutzschriften Gould rund 50 Millionen Dollar eingebracht haben.

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