Insektenkunde:Schrumpfzunge

Insektenkunde: Eine Hummelkönigin auf Futtersuche in den Rocky Mountains.

Eine Hummelkönigin auf Futtersuche in den Rocky Mountains.

(Foto: Christine Carson)

Als Folge des Klimawandels verkürzen sich die Zungen von Hummeln, die darauf spezialisiert waren, Blüten mit tiefen Kelchen zu bestäuben.

Von Tina Baier

Eine der Folgen des Klimawandels ist, dass in vielen Bergregionen weniger Blumen blühen. Den Pflanzen machen die höheren Temperaturen und trockeneren Böden zu schaffen. Zoologen berichten jetzt in der Fachzeitschrift Science, dass dies wiederum Auswirkungen auf Insekten hat, die diese Pflanzen bestäuben - genauer gesagt auf die Länge ihrer Zungen. Schon seit Längerem beobachten Entomologen, dass es immer weniger Hummeln mit langen Zungen gibt, die darauf spezialisiert sind, Nektar aus Blüten mit tiefen Kelchen zu lecken. Um herauszufinden, woran das liegt, untersuchten amerikanische Insektenforscher jetzt zwei langzüngige Arten in den Rocky Mountains. Dabei verglichen sie die Zungenlänge von Exemplaren, die zwischen 1966 und 1980 gefangen worden waren, mit der von Hummeln aus den Jahren 2012 bis 2014. Die Zungen hatten sich während dieser Zeit im Schnitt um 24,4 Prozent verkürzt. Anschließend beobachteten die Forscher, welche Blumen die Hummeln besuchten und verglichen ihre Daten mit historischen Beobachtungen. Dabei kam heraus, dass die Tiere ihr Nahrungsspektrum erweitert haben und neuerdings auch Blüten mit kurzen Kelchen besuchen, was eine lange Zunge überflüssig macht. Die Forscher glauben, dass die abnehmende Zahl von Bergblumen die Hummeln dazu gezwungen hat. Hätten sich die Tiere weiter auf tiefkelchige Blüten konzentriert, wären sie verhungert. Welche Folgen dies für die tiefkelchigen Pflanzen hat, wurde nicht untersucht. Im Extremfall könnten sie aussterben, weil es keine Insekten mehr gibt, die sie bestäuben.

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