Impfung gegen Malaria:Spritze mit großer Hoffnung

Perfekt ist er nicht, aber besser als bisherige Versuche: Ein neuer Impfstoff kann das Malaria-Risiko um etwa die Hälfte senken. Uneingeschränkten Grund zum Jubeln geben jüngste Studienergebnisse jedoch nicht.

Katrin Blawat

Eine Studie an mehreren tausend afrikanischen Kindern weckt neue Hoffnung auf einen wirksamen und sicheren Impfstoff gegen Malaria. Wie mehrere Forscherteams im Fachmagazin New England Journal of Medicine (online) berichten, senkt das Vakzin mit dem sperrigen Namen RTS,S/AS01 das Erkrankungsrisiko um etwa die Hälfte.

Malaria-Impfung

Die Spritze weckt Hoffnung im Kampf gegen die Malaria. Doch als alleinige Schutzmaßnahme wird sie wohl nicht reichen.

(Foto: Caitlin Kleiboer)

Die Begeisterung über dieses Ergebnis ist nicht nur bei dem Pharmaunternehmen Glaxo Smith Kline Biologicals groß, das den Wirkstoff entwickelt hat. "Die neuen Ergebnisse unterstützen die Hoffnung, dass es in absehbarer Zeit eine wirksame Impfung gegen Malaria geben kann", sagt Jürgen May vom Bernhard-Nocht-Tropeninstitut in Hamburg, der in einem frühen Entwicklungsstadium des Vakzins an der Studie beteiligt war.

Seine Kollegin Nicole Berens-Riha vom Tropeninstitut der Ludwig-Maximilians-Universität München sagt: "Das Neue ist, dass wir hier erstmals eine Studie der Phase 3 haben". In dieser Phase werden die letzten, für die Marktzulassung einer Arznei oder eines Impfstoffes notwendigen Untersuchungen vorgenommen. Wegen der großen Probandenzahl gelten diese Studien als besonders aussagekräftig.

Malaria ist vor allem für Kinder unter fünf Jahren eine Gefahr, daher konzentrieren sich Impfstudien meist auf diese Altersgruppe. In ihre aktuelle Untersuchung schlossen die Forscher insgesamt mehr als 15.400 Kinder in sieben südafrikanischen Ländern ein. Die Kinder wurden zufällig entweder der Wirkstoff- oder einer Kontrollgruppe zugeteilt, die als Placebo eine Impfung gegen Tollwut erhielt. Die Malariafälle ermittelten sie für zwei Altersklassen: Für Säuglinge zwischen sechs und zwölf Wochen und für Kleinkinder zwischen fünf und 17 Monaten. Bislang sind nur die Ergebnisse für einen Teil der Kleinkinder veröffentlicht. Daten zu den Säuglingen sollen im kommenden Jahr folgen; eine Gesamtauswertung der Studie kündigen die Autoren für das Jahr 2014 an.

Dass der getestete Impfstoff das Erkrankunsgrisiko bei den 6000 untersuchten Kindern zwischen fünf und 17 Monaten um etwa 50 Prozent senken konnte, sehen auch an der Studie unbeteiligte Forscher als großen Erfolg an. "Natürlich hätten wir lieber eine Quote von 90 oder 100 Prozent", sagt die Münchener Tropenmedizinerin Berens-Riha. "Aber für Malaria sind die aktuellen Ergebnisse sehr gut." Jürgen May bestätigt: "Wir dürfen an Impfungen gegen Parasiten nicht die gleichen Kriterien anlegen wie bei Bakterien oder Viren."

Der Malaria-Erreger ist sehr wandlungsfähig, zudem hat er einen so komplizierten Lebenszyklus, dass es dem Immunsystem schwer fällt, den Eindringling zu fassen. Dies soll der neue Impfstoff erleichtern. Er enthält unter anderem ein Protein des Malaria-Erregers sowie einen Wirkverstärker. Nach der Impfung soll der menschliche Organismus Antikörper bilden, die verhindern, dass die Parasiten in Leberzellen eindringen, um sich dort zu vermehren. Außerdem aktiviert der Wirkstoff jenen Teil des Immunsystems, der bereits befallene Leberzellen tötet. Finanziell unterstützt von der Bill & Melinda Gates Stiftung, die sich seit den 1990er-Jahren mit mehren Milliarden Dollar im Kampf gegen Malaria einsetzt, arbeitet Glaxo Smith Kline zusammen mit der gemeinnützigen PATH Malaria Vaccine Initiative seit 24 Jahren an dem Wirkstoff.

Noch sind viele Fragen offen

Die Weltgesundheitsorganisation erwägt, das Vakzin schon in drei Jahren in Teilen Afrikas in die offiziellen Impfkampagnen aufzunehmen. Noch aber sind viele Fragen rund um den Impfstoff ungeklärt, und auch die Studienautoren betonen, dass er sich in stetiger Entwicklung befinde.

Nicht alle der aktuell präsentierten Ergebnisse geben uneingeschränkt Grund zum Jubeln. Entscheidend für den Erfolg einer Malariaimpfung ist weniger die Reduzierung des allgemeinen Erkrankungsrisikos - sondern vor allem die Frage, ob das Vakzin auch die Zahl der schweren Verläufe und damit der Todesfälle durch Malaria reduzieren kann. Hier fielen die Ergebnisse jedoch etwas schlechter aus als erwartet, wie der nicht an der Studie beteiligte Tropenmediziner Nicholas White von der Mahidol-Universität in Bangkok in einem begleitenden Kommentar im New England Journal schreibt.

57 von 2830 Kindern, die den Wirkstoff erhielten, litten unter dem schweren Verlauf; in der Placebogruppe waren es 56 von 1466 Kindern. Demnach senkte das Vakzin das Risiko eines schweren Verlaufs um 47 Prozent; einer anderen, noch vorläufigen Auswertung zufolge lag der Erfolg allerdings nur bei gut 30 Prozent. Zudem gibt die Studie keine Antwort darauf, ob die Impfung auch die Zahl der Todesfälle senkt. Zehn der Kinder starben innerhalb der Studiendauer an den Folgen von Malaria. "Das sind außergewöhnlich wenige Todesfälle und zu wenige, um eine Reduktion in Folge der Impfung zu berechnen", sagt der Hamburger Malaria-Experte May. Ebenfalls ungeklärt ist, wie lange der Impfschutz anhält - die Daten aus der Studie lassen vermuten, dass er schon nach etwa vier Monaten wieder abnimmt.

Klar ist jedoch schon jetzt: Ausrotten lässt sich Malaria mittels einer Impfung nicht. "Damit behandeln wir die Symptome, nicht die Ursachen", sagt Berens-Riha. So plädieren Tropenmediziner einstimmig dafür, weiterhin auf andere Mittel der Malariabekämpfung zu setzen. "Wir brauchen nach wie vor Moskitonetze und Medikamente", mahnt Oliver Moldenhauer von der Organisation Ärzte ohne Grenzen.

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