Hirnforschung:Nervensignale verraten Forschern, was Menschen hören

Gedankenlesen ist es zwar noch nicht. Aber aus den Hirnwellen ihrer Versuchspersonen können Wissenschaftler schließen, was diese gerade hören. Wird es nun möglich, hörbar zu machen, was jemand denkt?

Christian Weber

Von Gedankenlesen zu sprechen, wäre stark übertrieben. Aber immerhin ist den Neuroforschern um Brian Pasley von der University of California in Berkeley ein wichtiger Schritt zum Verständnis der akustischen Sprachverarbeitung des Gehirns gelungen: Sie konnten aus den Hirnwellen von Patienten ablesen, welche Wörter diese gerade hören ( PLoS Biology, online).

Dazu nutzen sie die besonderen Versuchsbedingungen, die sich während neurochirurgischer Eingriffe bei 15 Patienten mit Epilepsie oder Tumor ergaben: Die Wissenschaftler konnten ihre Elektroden direkt an die Hirnrinde der Patienten anlegen, an einer für die Sprache wichtigen Region.

Während den Studienteilnehmern verschiedene englische Wörter vorgelesen wurden, zeichneten die Neuroforscher die dabei im Gehirn entstehenden elektrischen Signale auf. Mit Hilfe dieser Information gelang es ihnen, über ein Computermodell Laute zu erzeugen, die von Forscherkollegen mit einer immerhin überzufälligen Wahrscheinlichkeit als die ursprünglich gesprochenen Wörter erkannt wurden.

Die entscheidende Frage ist nun, ob auch Wörter, die nur gedacht werden, ähnliche Hirnsignale produzieren wie die gehörten Wörter. "Es gibt einige Belege, dass sich Wahrnehmung und Vorstellung im Gehirn gleichen", sagt Brian Pasley und spekuliert mutig: "Wenn man die Beziehung zwischen den Aufzeichnungen aus dem Gehirn und dem Klang gut genug verstehen würde, wäre es möglich, hörbar zu machen, was eine Person gerade denkt."

Würde sich diese Hoffnung erfüllen, wären zahlreiche Anwendungen vorstellbar, bis hin zu Geräten, mit denen sprachunfähige Menschen, etwa solche mit einem Locked-in-Syndrom, kommunizieren könnten.

© SZ vom 01.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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