Hirnforschung:Gehirnscan als moderne Glaskugel

Menschen nehmen sich häufig Dinge vor, nur um sie dann doch nicht zu tun. US-Psychologen ist es mit Hilfe von Hirnscans gelungen, dieses Verhalten vorherzusagen.

Psychologen der University of California in Los Angeles ist es mit Hilfe von Gehirnscans gelungen, das Verhalten von Testpersonen relativ treffsicher vorherzusagen. Und sie lagen dabei häufiger richtig, als die betreffenden Personen selbst.

Gehirnscan

Anhand der Aktivität im mittleren präfrontalen Cortex konnten Matthew Lieberman und sein Team das Verhalten von Testpersonen vorhersagen.

(Foto: University of California, L.A.)

Das Forschungsteam um Matthew Lieberman und seine Kollegin Emily Falk zeigte 20 Testpersonen einen Werbespot, der auf den Nutzen von Sonnencreme hinweisen sollte. Dabei beobachteten sie die Gehirnaktivität der Probanden mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI), einer Methode, die die Hirnaktivität anzeigt.

Danach wurden die Teilnehmer über ihre Einstellung zu solchen Cremes befragt. Darüber hinaus sollten sie angeben, wie oft sie vorhatten in der darauffolgenden Woche einen Sonnenschutz zu verwenden.

Eine Woche später fragten die Wissenschaftler die Probanden, wie häufig sie solche Mittel tatsächlich benutzt hatten.

Die Psychologen stellten fest, dass Menschen, die während des Werbespots eine erhöhte Aktivität in einer bestimmten Gehirnregion gezeigt hatten, eher dazu neigten, in der folgenden Woche mehr Sonnencreme zu verwenden. Und zwar unabhängig davon, ob sie das angekündigt hatten, oder nicht. Das bedeutet: Die Vorhersage über den Gehirnscan war genauer als die eigene Vorhersage der Testpersonen.

"In der Geschichte der menschlichen Psychologie hat sich immer wieder gezeigt, dass Menschen nicht sehr gut beurteilen können, was sie wirklich in einer zukünftigen Situation tun werden", kommentiert Lieberman die Ergebnisse. "Viele Menschen beschließen Dinge zu tun, aber tun sie dann nicht."

Bei der Gehirnregion, die unser künftiges Verhalten verrät, handelt es sich um den mittleren präfrontalen Cortex. Er liegt im vorderen Teil unseres Gehirns, etwa zwischen den Augenbrauen, und ist für unsere Selbstreflexion zuständig.

"Ausgehend von der Aktivität in von dieser Gehirnregion können wir bei etwa drei Viertel der Leute vorhersagen, ob sie ihren Gebrauch von Sonnencreme erhöhen werden - über das hinaus, was sie sagen, tun zu wollen", sagt Lieberman.

Diese neuen Erkenntnisse könnten dabei helfen, die Kampagnen von Gesundheitsorganisationen zu verbessern, hoffen die Forscher. Allerdings könnten die Forschungsergebnisse auch Werbeagenturen interessieren. Denn, so gibt Lieberman zu bedenken, mit ihrer Methode könnte man versuchen, noch überzeugendere Botschaften zu entwerfen.

Bislang arbeitet man in der Werbebranche vor allem mit so genannten Focus-Gruppen, die Filmtrailer und Werbespots beurteilen. Deren Vorhersagekraft ist jedoch begrenzt. "Ein Problem dieser Standard-Focus-Gruppen ist es", sagt Falk, "dass die Leute einfach lausig darin sind, zu sagen, was sie wirklich tun werden."

Doch bevor es in der Werbebranche sogenannte "Neuro-Fokus-Gruppen" geben wird, deren Gehirnaktivitäten beim Schauen eines Trailers gescannt werden, ist es noch ein weiter Weg. Für den Einsatz für das sogenannte Neuromarketing müssten kleinere und günstigere Hirnscanner entwickelt werden.

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