Herz-Kreislauf-Erkrankungen:Das Nord-Süd-Gefälle der Herzen

Von Nordosten bis Südwesten nimmt die Häufigkeit von Herzinfarkten ab - nicht nur in Europa, sondern auch innerhalb Deutschlands.

Werner Bartens

Wer Angst um sein Herz hat, sollte besser in Frankreich, Portugal, Italien oder Spanien leben. Auch in der Schweiz und den Niederlanden ist die Wahrscheinlichkeit geringer, einen Herzinfarkt zu erleiden.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Die Häufigkeit von Infarkten ist in Euroapa ungleich verteilt.

Die Häufigkeit von Infarkten ist in Euroapa ungleich verteilt.

(Foto: Foto: istock)

In Lettland, Litauen und Estland erleiden Männer hingegen fast siebenmal so oft einen Infarkt wie in Frankreich (siehe Grafik). Auch in Ungarn, der Slowakei, Tschechien, Rumänien, Bulgarien und Polen sterben Männer wie Frauen deutlich häufiger als in anderen Ländern Europas am Herzschlag.

Deutschland nimmt wie Schweden und Norwegen einen Mittelplatz ein. Zu diesen Ergebnissen kommen Mediziner um Jacqueline Müller-Nordhorn von der Charité in Berlin im European Heart Journal (online).

Die Epidemiologen hatten Sterbe- und Erkrankungsregister aus fast allen europäischen Ländern ausgewertet und analysiert, wie oft Männer und Frauen an Infarkten und Schlaganfällen sterben. "Es gibt eine zunehmende Häufigkeit von Südwest nach Nordost", sagt Müller-Nordhorn. "Insgesamt ist der Trend aber fast überall rückläufig. Auch in Osteuropa gehen die Infarkte seit Mitte der 90er-Jahre zurück."

Die Forscher hatten europaweite Daten aus dem Jahr 2000 verglichen. Für Deutschland gibt es zwar bereits Daten aus dem Jahr 2006, um die Vergleichbarkeit mit den anderen Nationen zu gewährleisten, wurde jedoch die frühere Stichprobe gewählt.

In Deutschland ist wie in Europa zu beobachten, dass Infarkte von Nordosten nach Südwesten seltener werden. "In Bayern und Baden-Württemberg sind weniger Menschen betroffen", sagt Müller-Nordhorn. Das müsse jedoch nicht nur an den klassischen Risikofaktoren für Herzkreislaufleiden wie erhöhtem Blutdruck oder Übergewicht liegen. "Höhere Arbeitslosigkeit, niedrigeres Einkommen und schlechtere Ärzteversorgung können zusammen mit Stress und Depressionen das Risiko für Infarkte erhöhen", sagt die Forscherin.

Wie stark sich Lebensstil und sozioökonomische Einflüsse auf die Infarktrate auswirken, sollen weitere Studien klären. "Medizinische Faktoren machen maximal 50 Prozent des Risikos aus", sagt Müller-Nordhorn. "Frankreich schneidet wohl nicht nur so gut ab, weil dort die Ernährung gesünder wäre. Das Essen ist dort viel geselliger und mit mehr Freude verbunden."

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