Grönlandhaie:Altersrekord der Wirbeltiere

Greenland shark (Somniosus microcephalus) under ice, Lancaster Sound, Nunavut, northern Baffin Islan

Schon zu Shakespeares Zeiten auf der Welt? Ein Grönlandhai.

(Foto: imago)

Grönlandhaie können offenbar mehr als 400 Jahre lang leben, wie Forscher aus Dänemark herausgefunden haben. Der Hai wird damit noch deutlich älter als der Grönlandwal, der bisher als Rekordhalter unter den Wirbeltieren galt.

Sagenhafte 400 Jahre alt können Grönlandhaie werden, vielleicht noch älter. Das berichtet eine internationale Forschergruppe um Julius Nielsen von der Universität Kopenhagen in der Fachzeitschrift Science. Damit sei diese Spezies das langlebigste bekannte Wirbeltier der Welt. Ihre Geschlechtsreife erreichen diese Haie demnach erst nach im Alter von 150 Jahren.

Der Grönlandhai oder Eishai (Somniosus microcephalus) lebt im Nordatlantik sowie im Nordpolarmeer und erreicht eine Größe von mehr als fünf Metern. Da er sehr langsam wächst - vermutlich nur etwa einen Zentimeter pro Jahr - ahnten Forscher schon lange, dass er sehr alt werden kann. Eine konventionelle Altersbestimmung dieser Knorpelfische sei wegen ihrem Mangel an verkalktem Gewebe nicht möglich, schreiben Nielsen und seine Kollegen. Sie datierten das Alter stattdessen per Radiokarbonmethode anhand von Proteinen in der Augenlinse, die bereits im Mutterleib gebildet werden.

Die Forscher untersuchten insgesamt 28 weibliche Haie, die bei mehreren Expeditionen gefangen worden waren. Die Tiere maßen zwischen 80 Zentimeter und gut fünf Meter. Ihr durchschnittliches Alter betrug der Messung zufolge 272 Jahre. Das größte untersuchte Exemplar war mit etwa 392 Jahren auch das älteste. Die Messunsicherheit nach oben und unten beträgt für das Tier allerdings 120 Jahre.

Der Grönlandhai lebt damit noch deutlich länger als der Grönlandwal, der älter als 200 Jahre werden kann und bisher als Rekordhalter unter den Wirbeltieren galt. Wirbeltiere sind Tiere mit Wirbelsäule, dazu zählen auch Säugetiere, Vögel, Reptilien und Amphibien. Von einem wirbellosen Tier werden die beiden Haie jedoch übertroffen: Die auch in der Ostsee vorkommende Islandmuschel kann mehr als 500 Jahre alt werden. Nach bisherigen Erkenntnissen werden Grönlandhaie ab einer Länge von vier Metern geschlechtsreif. Mit der nun vorliegenden Altersbestimmung würde das bedeuten, dass die Tiere erst 150 Jahre alt werden müssen, ehe sie sich fortpflanzen können.

"Es war zu erwarten, dass Grönlandhaie langlebig sind", sagt Jürgen Kriwet vom Institut für Paläontologie der Universität Wien, der nicht an der Studie beteiligt war. "Aber dass sie so alt werden, ist doch überraschend." Unklar sei aber, warum die Haie so lange leben. Langlebigkeit werde oft mit Körpergröße in Verbindung gesetzt. "Aber Grönlandhaie sind nicht die größten Haie, und auch nicht die einzigen, die in so kalten Gewässern leben", sagt Kriwet. Ihre erstaunliche Langlebigkeit müsse also eine andere Ursache haben.

Auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) wird der Grönlandhai als "potenziell gefährdet" eingestuft. Die neuen Ergebnisse unterstrichen, dass der Hai vorsorglichen Schutzes bedürfe, so Nielsen und seine Kollegen. Grönlandhaie sind ein häufiger Beifang bei der Fischerei nach Grundfischen wie Kabeljau oder Seelachs. "Besonders ihre späte Geschlechtsreife macht die Tiere sehr anfällig", sagt Kriwet.

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