Gravitationswellen:Trügerische Signale vom Urknall

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Das Bicep2-Teleskop am Südpol zeichnete die Spuren der Gravitationswellen auf (Foto: Reuters)

Es war eine kleine Forschungssensation, als Physiker meldeten, sie hätten Gravitationswellen entdeckt - Signale von der Geburtsstunde des Kosmos. Doch möglicherweise maßen die Forscher etwas ganz anderes.

Von Marlene Weiß

Vielleicht war die Freude verfrüht: Immer mehr Physiker melden Zweifel an der im März verkündeten Entdeckung von Gravitationswellen aus der Zeit kurz nach dem Urknall an. Womöglich könnte sich die Messung des Teleskops Bicep2 am Südpol allein mit einem Störeffekt erklären lassen, meinen Forscher nun.

Seit langem vermuten Theoretiker, dass sich das Universum kurz nach dem Urknall rasant ausdehnte, nur konnte diese sogenannte Inflation nie bewiesen werden. Das Bicep2-Team um John Kovac von der Harvard-Universität hatte im kosmischen Mikrowellen-Hintergrund, dem Nachglimmen des Urknalls, Spuren von Gravitationswellen aus dieser Zeit gefunden - es wäre der erste Beweis der Inflation. Das Problem: Auf dem Weg zu Kovacs Teleskop muss die Strahlung durch die heimische Galaxie, die Milchstraße. Der Staub dort könnte die Messung verfälscht haben.

Das Bicep2-Team hat zwar versucht, diesen Effekt mit mehreren Methoden herauszurechnen, aber genaue Daten hat nur die Konkurrenz, das Team um das Planck-Weltraumteleskop, das selbst auf der Suche nach uralten Gravitationswellen ist. Mangels Original-Daten verwendete das Bicep2-Team unter anderem eine Grafik aus einem Planck-Vortrag. Vielleicht aber haben sie diese falsch interpretiert. Andere Physiker, etwa Raphael Flauger von der Princeton-Universität, haben nachgerechnet und meinen, Staub allein könnte die Messung teilweise oder gar ganz erklären.

Das Team um Kovac weist die Kritik zurück, aber die Ergebnisse sind umstritten. Die Arbeit von Bicep2 wird allseits gelobt. Aber vielleicht war es zu früh, von einer Entdeckung zu sprechen, unabhängig von möglichen Fehlern. Schließlich konnte das Südpol-Team von vornherein nur mit etwa 98 Prozent Wahrscheinlichkeit ausschließen, allein galaktischen Staub gemessen zu haben - der Goldstandard liegt bei 99,99997 Prozent. Gewissheit dürfte es frühestens im Herbst geben, wenn das Planck-Team seine Analyse veröffentlicht.

© SZ vom 21.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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