Gourmetkost im All:Die Sterneküche

Astronauten zapfen längst keinen Brei aus Tuben mehr. Heute tischen Starköche wie Alain Ducasse im All auf - und Raumfahrer, die auf sich halten, bringen das Nationalgericht ihrer Heimat mit.

Berit Uhlmann

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Space Food, Käfer

Quelle: SZ

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Das Rennen um den Vorsprung im All findet auch in der Küche statt: Raumfahrtunternehmen engagieren Starköche und investieren Millionen in die Speisen-Entwicklung.

Ab 2013 will Talis Enterprise, ein deutsches Unternehmen, Weltraumtouristen rund 125 Kilometer hoch ins All transportieren. In den wenigen Minuten Schwerelosigkeit, die die Gäste dann erleben, dürfen sie sich an Häppchen vom Gourmetkoch versuchen. Gerd Käfer betreibt künftig Catering im Kosmos: "Ich will der Erste sein, der im Weltall serviert", sagt er und meint es wörtlich.

Der heute 76-Jährige plant mitzufliegen. Das hat von seinen Kochkollegen tatsächlich noch keiner fertig gebracht. Gourmetkost haben allerdings schon einige Gastronomen ins All katapultiert.

(Foto: Talis Enterprise)

Charles Simonyi

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Charles Simonyi, der es als erster Weltraumtourist schaffte, gleich zweimal ins All zu fliegen, brachte bei seinem ersten Ausflug ein Essen für sich und die Kollegen mit, das er "eine kleine Abwechslung" nannte: ein Sechs-Gänge-Menü vom französischen Starkoch Alain Ducasse. Es gab unter anderem gegrillte Wachteln in Wein und Entenbrust an Kapern. Doch nicht nur Weltraumtouristen speisen fürstlich.

(Foto: Reuters)

Harald Wohlfahrt

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Harald Wohlfahrt, gekürt mit drei Michelin-Sternen, kocht für die Besatzung der internationalen Raumstation ISS. Serviert werden unter anderem geschmorte Bäckchen vom Milchkalb von der Schwäbischen Alb mit Balsamico-Essigsoße und Zwetschgendessert mit Gewürzsud aus - ein bisschen Symbolik ist immer gut! - Sternanis.

Wohlfahrt musste bei der Entwicklung der Speisen einige Zugeständnisse machen: zum Beispiel schärfer würzen, denn der Gaumen neigt im All zu gewisser Abstumpfung, gleichzeitig aber keine Zwiebelgewächse verwenden - wegen des Geruchs, "denn Lüften gestaltet sich dort oben wohl etwas schwieriger". Die europäische Weltraumorganisation ESA soll diese Speisen aus der Heimat durchgesetzt haben. Dabei sind die Europäer nicht die einzigen, die wenig von universeller Universums-Kost halten.

(Foto: dpa)

Kimchi Space Food

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Als im April 2008 der erste Südkoreaner ins All flog, hatte er das Nationalgericht Kimchi im Gepäck. Um diesen vergorenen Kohl weltalltauglich zu machen, hatten drei Forschungsinstitute mehrere Jahre lang getüftelt und eltliche Millionen Dollar verbraucht. Die große Herauforderung lag darin, das traditionell mit Milchsäurebakterien hergestellte Gericht steril zu bekommen. Denn Raumfahrer fürchten, dass Mikroorganismen an Bord unter dem Einfluss kosmischer Strahlung mutieren könnten.

(Foto: Koreanisches Atomforschungszentrum)

Space Food Japan

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Die Japaner erfanden für ihre Astronauten einen "Space-Nudeleintopf", bei dem sie Pasta und Brühe zu klebrigen Klumpen komprimierten. Denn Krümeln oder Kleckern muss im All unbedingt vermieden werden, will man nicht, dass losgelöste Essensteile durch den Raum schweben und sich in Apparaturen festsetzen. Die Inder, obgleich sie seit 1984 keinen Mann mehr im All hatten, arbeiten derzeit an einem Weltraum-Curry. Kein Wunder: Nationale Eitelkeiten wurden im All von Anfang an gepflegt ...

(Foto: AP)

Juri Gagarin

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Der erste Mensch, der im Kosmos aß, war 1961 der Russe Juri Gagarin (Foto). Auf seinem Speiseplan stand unter anderem Kaviar. Sein Kollege German Titow schlürfte im gleichen Jahr die russische Kohlsuppe Borschtsch aus der Tube.

(Foto: AP)

John Glenn

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Die Amerikaner waren in ihrer Aufholjagd ins All weniger auf kulinarische Details bedacht. John Glenn musste sich 1962 mit undefinierbarer Kost in Form von mundgerechten Würfeln und Tubenbreien begnügen.

(Foto: AP)

Kapitol

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Glenns Nachfolgern ging es nicht besser, bis die Unzufriedenheit der amerikanischen Astronauten auffällig wurde, als eine Crew Mitte der 60er Jahre ein allzu irdisches Corned-Beef-Sandwich an Bord schmuggelte. Krümel! Bakterien! Gerüche! Nicht auszudenken, was alles durch dieses Brötchen hätte passieren können. Der Sandwich-Schmuggel zog eine Anhörung im US-Kongress nach sich. Und die NASA lernte ihre Lektion: Das Essen wurde vielseitiger.

(Foto: AP)

Cola

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In den 80-er Jahren gab es bereits 200 Gerichte, aus denen die US-Astronauten ihre Auswahl treffen durften. Man unternahm eine Menge Experimente zur Verbesserung der Bordverpflegung, von denen kaum eines so unglücklich verlief, wie der Versuch, Cola ins All zu schießen. Denn die Kohlensäure tendierte ihrerseits dazu, den nicht durch die Gravitation gehaltenen Mageninhalt in kleinen Sequenzen wieder aus den Astronauten herauszuschießen.

(Foto: istock)

Space Food ISS

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Doch nicht nur um Symbole nationaler Küchen geht es im Universum, auch um das Prinzip. Bis heute bereiten Russen und Amerikaner ihre Speisen auf unterschiedliche Weise zu. Die Russen transportieren ihr Essen vorrangig in Dosen. Auf der ISS setzen sie sich um einen ausklappbaren Tisch mit eingebauten Modulen, in denen sie ihre Büchsen erwärmen können.

(Foto: Nasa)

Space Food

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Die Amerikaner dagegen sterilisieren ihre Speisen überwiegend durch Wasserentzug. Vor dem Essen wird ihnen wieder Flüssigkeit zugefügt. Dieses Essen allerdings passt nicht in die Heizmodule der ISS. Die Amerikaner erwärmen Lunch und Dinner daher in einem Extra-Ofen, der Extra-Platz von der Größe eines Koffers, und einen Extra-Stromanschluss braucht.

(Foto: Nasa)

Seidenraupen

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Mit der Gourmetkost könnte es allerdings schnell vorbei sein, wenn größere Vorhaben, wie die bemannte Raumfahrt zum Mars realisiert werden sollten. Experten grübeln schon jetzt über den Speiseplänen und kommen auch auf Ideen wie Seidenraupen im All zu züchten. Deren Puppen könnten dann zermahlen und gebacken werden. Auch der Anbau von Algenfarnen wird erwogen. Die Pflanzen gedeihen auf der Erde auf den Oberflächen von Seen und Tümpeln, sind reich an Nährstoffen, schmecken allerdings nach Moos und riechen noch viel unappetitlicher.

(Foto: Reuters)

(sueddeutsche.de)

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