Gesundheitsrisiko Büro:Dreck aus dem Drucker

Der Streit um die Gefährlichkeit von Tonern ist alt. Doch neue Indizien stärken den Verdacht, dass Bürogeräte die Gesundheit gefährden können.

Wiebke Rögener

Laserdrucker sind womöglich nicht so harmlos, wie sie aussehen. Neue Versuche mit menschlichen Lungenzellen an der Universitätsklinik Freiburg deuten darauf hin, dass Emissionen aus Druckern das Erbgut schädigen können. Der Verdacht, dass Laserdrucker und Kopiergeräte krank machen, besteht seit langem.

Mehr als 2000 Menschen haben sich bei der 2008 gegründeten Stiftung Nano-Control gemeldet. Sie leiden unter Kopfschmerzen, Hauterkrankungen, Erschöpfung, Konzentrationsstörungen und Atemwegsbeschwerden bis zu Lungenkrebs und sind überzeugt, dass Ausdünstungen von Druckern Ursache der Pein sind. Auch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), die noch Ende 2008 erklärte, das Risiko durch Toner sei geklärt, und es bestehe kein Grund zur Besorgnis, ist inzwischen zurückhaltender und rät: "Tonerstaubbelastung am Arbeitsplatz vermeiden."

Bis heute kann die Wissenschaft Gefahren aus dem Drucker weder eindeutig beweisen noch widerlegen. Doch immer wieder werden Fälle bekannt, die auf ein Risiko hindeuten. 2008 fanden Forscher der Universität Rostock Tonerpartikel in der Lunge eines Servicetechnikers, der an Lungenkrebs gestorben war. Im Herbst 2009 erkannte das Sozialgericht in Fulda die Atemwegserkrankung eines Polizisten als durch Kopierstäube verursachte Berufskrankheit an.

Doch jenseits solcher Einzelfälle wird die Beurteilung schwierig. Mit einer 2008 veröffentlichten Pilotstudie im Auftrag des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) ließ sich nicht abschließend klären, welches Risiko Drucker bergen. Gesundheitsgefahren seien nicht auszuschließen, so der Umweltmediziner Volker Mersch-Sundermann, der damals an der Universität Gießen die Untersuchungen leitete. Um Genaueres herauszufinden, sei aber eine größere Studie erforderlich. Das aber war den Behörden zu teuer: Eine epidemiologische Studie mit mehreren tausend Teilnehmern wäre zwar geeignet, die Wirkung der Druckeremission zu klären, hieß es in einer Bewertung des BfR von 2008, aber Aufwand und Kosten seien zu hoch.

"Das ist schon sehr bedenklich"

Die Bundesregierung verlegte sich darauf, analysieren zu lassen, was Drucker in die Luft pusten - nachzulesen in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen im Februar 2009. Das Umweltbundesamt soll bis Ende 2010 Methoden entwickeln, um zu klären, was in der je nach Fabrikat unterschiedlichen Mischung aus Ruß, Eisen, anderen Schwermetallen und flüchtigen organischen Chemikalien drinsteckt. Die Stiftung Nano-Control verweist darauf, dass man nach der Analyse eines so komplexen Stoffgemischs noch nicht wissen wird, ob und wie es die Gesundheit schädigt. Dafür sind Studien zur biologischen Wirkung der Druckeremissionen nötig, wurde bei einem Expertentreffen in Freiburg 2008 festgestellt.

Aus Spenden wurden nun kleinere Wirkungsstudien finanziert. Die ersten Ergebnisse, die jetzt vorliegen, sind nicht geeignet, Bedenken zu zerstreuen. Wissenschaftler des Instituts für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene (IUK) der Uniklinik Freiburg, das Mersch-Sundermann inzwischen leitet, untersuchten die Wirkung der Druckerabluft auf Kulturen menschlicher Lungenzellen. "Wir haben je einen Drucker in einer einen Kubikmeter großen Kammer laufen lassen und die Abluft direkt auf Kulturen von Lungenepithelzellen geleitet", sagt Richard Gminski vom IUK. Das sind die Zellen, die die Lungenbläschen auskleiden. Damit sind die Freiburger Versuche deutlich näher an der Realität als frühere Experimente, bei denen Zellkulturen einfach Tonerstaub zugefügt wurde.

Die Freiburger Forscher prüften, ob die Lungenzellen nach einer Stunde im Druckerdunst sogenannte Mikronuklei bildeten. Diese entstehen, wenn bei der Zellteilung etwas schiefläuft und die Chromosomen nicht korrekt zwischen den beiden neu gebildeten Zellkernen aufgeteilt werden. Es ist ein anerkanntes Standardverfahren, um Erbgut schädigende Effekte von Chemikalien zu messen - je mehr Mikronuklei, desto größer die Gefahr für die Gene.

Die Wissenschaftler wurden fündig: Die Emissionen eines Drucker-Typs ließen sogar fast so viele Mikronuklei entstehen wie bei Begasung der Zellen mit Formaldehyd. "Das ist schon sehr bedenklich", sagt Gminski. "Besonders Drucker, die sehr viele feine und ultrafeine Partikel ausstoßen, scheinen die DNS zu schädigen." Zugleich betont er, dass es sich um vorläufige Ergebnisse handelt. "Man kann daraus nicht kurzerhand folgern, dass Laserdrucker Krebs auslösen", sagt er. "Doch sind die Ergebnisse ein wichtiger Hinweis auf Chromosomenschäden durch Laserdruckeremissionen - und damit auf eine mutagene Wirkung. Dem müssen wir unbedingt weiter nachgehen."

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