Sizilien:Vulkan Ätna rutscht immer weiter in Richtung Mittelmeer

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  • Geologen haben den Berg mit ultragenauen GPS-Sensoren untersucht.
  • Demnach könnten die Flanken des Kolosses zusammenbrechen und gigantische Erdrutsche auslösen.
  • Die Experten betonen aber, dass ein Kollaps ein sehr seltenes Ereignis sei und es noch hunderte, wenn nicht tausende Jahre dauern könnte.

Von Hanno Charisius

Langsam aber stetig rutscht Europas größter aktiver Vulkan, der Ätna im Osten Siziliens, auf das Mittelmeer zu. Das ergaben Messungen mithilfe ultragenauer GPS-Sensoren im Zeitraum zwischen den Jahren 2001 und 2012. Die durchschnittliche Geschwindigkeit beträgt 14 Millimeter pro Jahr, berichten Geologen aus England und Frankreich in der aktuellen Ausgabe des Fachjournals Bulletin of Volcanology.

Der gesamte Gebirgsstock mit etwa 250 Kilometern Umfang wandert demnach gemächlich in ost-südöstlicher Richtung auf die 15 Kilometer entfernte Küstenstadt Giarre zu. Auch wenn die Bewohner derzeit nicht akut in Gefahr seien, so mahnen die Wissenschaftler um John Murray von der Open University im britischen Milton Keynes dringend, das Geschehen sorgsam zu beobachten.

Die Bewegung könne abrupt schneller werden. Dieses Risiko ermittelten die Geologen durch Vergleiche der Situation am Ätna mit anderen, ähnlich gebauten Vulkanen auf Wanderschaft. Die Flanken des Kolosses könnten zusammenbrechen und gigantische Erdrutsche auslösen. Kleinere Kollapse gab es bereits während der 1980er Jahren an der östlichen Flanke des Ätna.

Ein Modell des Vulkans aus Sand und Knetmasse

Die Ursache für die Bewegung sehen die Geologen im Untergrund des Gebirgsstocks. Er fußt auf einer Sedimentschicht, die etwas mehr als 1000 Meter aus dem Meer aufragt und eine Neigung zwischen ein bis drei Grad hat. Der Vulkankegel ragt nochmals etwa 2000 Meter über dem Sedimentgestein auf, genauere Angaben erübrigen sich, weil sich die Höhe des feuerspeiendes Berges dauernd ändert.

Um ihre Annahme zu überprüfen, bauten Murray und seine vier Kollegen ein Modell des Vulkans im Labor aus Sand und Knetmasse nach. Neigten sie das Modell auf seiner Grundplatte ähnlich geringfügig wie das Gefälle im Fundament des Ätnas, geriet der Sand in Bewegung.

Die Experten betonen in ihrem Fachartikel, dass ein Kollaps ein sehr seltenes Ereignis sei und es noch hunderte, wenn nicht tausende Jahre dauern könne, bis die Flanken des Ätna in ein kritisches Stadium geraten. Es gebe keinerlei Hinweise darauf, dass ein solches Ereignis unmittelbar auf Sizilien bevorstehe und somit keine akut erhöhte Gefahr für die lokale Bevölkerung. Erst wenn die Geschwindigkeit in den nächsten zehn Jahren zunehmen sollte, wäre das ein Alarmsignal. Sollte sich die Bewegung hingegen verlangsamen, sieht Murray keinen Anlass mehr, besorgt zu sein.

Bedeutsam ist die Entdeckung allerdings für jene Vulkanologen, die den Ätna permanent im Blick haben, um die Bevölkerung im Falles eines bevorstehenden Ausbruchs noch rechtzeitig zu warnen. Anzeichen dafür sind zum Beispiel Veränderungen in der Hülle des Vulkans, die durch aufsteigende Magmablasen hervorgerufen werden können. Zukünftig sollte bei der Bewertung der tagesaktuellen Messungen die Grundbewegung des Vulkanes mit einbezogen werden, um einen besseres Bild vom aktuellen Geschehen in seinem Inneren zu bekommen.

© SZ vom 27.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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