Geologie:Seltene Erden unter Wasser

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Der Handel mit Seltenen Erden ist ein Boom-Markt, denn sie werden für Katalysatoren, Computerchips, Windräder und energiesparende Lampen benötigt. Funde der begehrten Hightech-Metalle im Pazifik könnten den Rohstoffmangel beheben.

Christopher Schrader

Der Eimer Tiefseeschlamm hat gerade einen deutlichen Preisschub mitgemacht. An manchen Stellen enthalten zehn Liter Matsch vom Pazifikboden nämlich bis zu neun Gramm Oxide der Seltenerdmetalle, die auf dem Weltmarkt derzeit bis zu zwölf Cent einbringen.

Die Zahlen klingen winzig, bis man sie auf die Größe der Vorkommen hochrechnet: Aus nur einem Quadratkilometer Meeresboden ließe sich ein Fünftel der momentanen Jahresproduktion der Metalle gewinnen, sagen Yasuhiro Kato von der Universität Tokio und Kollegen nach der Auswertung von Bohrkernen aus dem Pazifik ( Nature Geoscience, online). Und da geht es dann gleich um Hunderte von Millionen Euro.

Der Handel mit Seltenen Erden ist ein Boom-Markt. Die 17 Elemente der Gruppe wie Cer, Yttrium, Lanthan, Neodym, Europium oder Lutetium werden für viele Produkte der Hochtechnologie gebraucht: Katalysatoren, Computerchips und -Bildschirme, Magnete, Spezialgläser und -Keramiken.

China besitzt bei der Lieferung zurzeit ein Quasi-Monopol und hat die Welt vor kurzem aufgeschreckt, weil es die Exporte der Metalle drosselte. Vor zwei Monaten erklärte darum die Bundesanstalt für Rohstoffe in Hannover, die "kritische Versorgungslage" gefährde die Entwicklung grüner Technologien, weil die Rohstoffe auch für Windräder und energiesparende Lampen gebraucht werden.

Die Nachrichten aus Japan werden daher interessierte Leser finden. Die Forscher haben 78 Bohrkerne ausgewertet, die von Schiffen des internationalen Ocean Drilling Program und der Universität Tokio stammten und offenbar schon seit einigen Jahren in den Archiven lagerten, sagt Peter Herzig, Leiter des Forschungszentrums IFM-Geomar in Kiel. "Große Mengen von Seltenen Erden hatte man in ähnlichen Proben bisher eigentlich nicht gefunden."

Die japanischen Kollegen aber wiesen nun in etlichen Bohrkernen, besonders westlich und östlich der Hawaii-Inseln und südöstlich davon Richtung Chile, fast doppelt so hohe Konzentrationen von Seltenen Erden nach wie in etablierten chinesische Lagerstätten.

Die unerwartete Anreicherung erklären sich die Forscher so: Untermeerische Vulkane und hydrothermale Quellen hätten eisen- und aluminiumhaltige Verbindungen ausgestoßen, die wiederum die Seltenen Erden aus dem Meereswasser an sich banden. Dann sanken die Metallkomplexe zu Boden. In jeweils 1000 Jahren seien diese Sedimente um höchstens einen halben Zentimeter gewachsen, heute sind sie zum Teil 70 Meter dick.

Die begehrten Metalle konnten die Forscher mit Salz- oder Schwefelsäure aus dem Schlamm auslaugen. Allerdings dürfte der kommerzielle Abbau der Rohstoffe Probleme bereiten: Die Lagerstätten liegen vier bis sechs Kilometer unter Wasser. Dort könnte man den Schlamm aufsaugen oder abkratzen, sagt Herzig. "Die nötigen Spezialschiffe sind mobile Bergwerke, da kann sich die Investition schneller rechnen als an Land."

Der Schlamm müsste dann zur Küste transportiert und verarbeitet werden. Eine Behörde in Jamaika hätte auf Folgen für die Umwelt zu achten: "An der Lagerstätte würde das Leben im Meer großräumig zerstört", sagt Herzig. Auch darum müsste man die Vorkommen der begehrten Metalle genau vermessen. "Zurzeit gibt es da noch eine Reihe von Fragezeichen."

© SZ vom 05.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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