Gentechnik:Fisch in der Mogelpackung

AquAdvantage

Der AquAdvantage-Lachs ist das erste genveränderte Tier, das verspeist werden darf.

(Foto: REUTERS)

In Kanada verkauft sich gentechnisch veränderter Lachs blendend. Ist die Debatte um Genfood also vorbei? Nein, denn die Konsumenten wissen nicht, was sie tun.

Kommentar von Hanno Charisius

Etwa viereinhalb Tonnen gentechnisch veränderten Lachs haben Kanadier in den vergangenen Monaten gekauft und verspeist. Das berichtete das amerikanische Unternehmen AquaBounty Technologies vor ein paar Tagen seinen Investoren. Durch zwei zusätzliche Gene wachsen die Fische schneller als ihre wilden Artgenossen, sie sind nach 18 Monaten schlachtreif anstatt erst nach 30, und sie brauchen 25 Prozent weniger Futter.

Lachs, der schneller wächst und weniger Futter verbraucht, ist im Prinzip eine gute Idee

AquaBounty vermarktet die auf den Namen AquAdvantage getaufte Kreatur aus dem Labor auf ihrer Webseite als umweltfreundliche Alternative zu unverändertem Lachs. Und den Kunden scheint das zu schmecken, könnte man angesichts der Absatzzahlen annehmen. Weit gefehlt: Tatsächlich wissen die Kanadier nicht, was sie tun. In ihrem Land müssen gentechnisch veränderte Produkte nicht gekennzeichnet werden. Die Züchter sparen Futter und Platz, der Verbraucher hat nichts davon - höchstens ein besseres Gewissen, wenn er denn wüsste, was er isst.

Lachs, der schneller wächst und dabei weniger Futter verbraucht, ist im Prinzip eine gute Idee. Solche Tiere können hilfreich sein in einer Welt mit wachsender Bevölkerung und begrenzten Ressourcen, die bereits fast ausgeschöpft sind.

Zwar kann man dem Ziel auch per konventioneller Zucht sowie Verbesserung der Futterzusammensetzung ein Stück näher kommen. Doch aus wissenschaftlicher Sicht spricht wenig gegen den gentechnischen Eingriff. Mehr als zwei Jahrzehnte Sicherheitsforschung konnten keine Gesundheitsrisiken durch Turbolachs für den Menschen finden. Auch das Risiko einer Ausbreitung der Lachse wurde minimiert, zum Beispiel indem das Unternehmen sterile weibliche Lachse herstellt.

Allerdings ist das Verfahren nicht perfekt, im Durchschnitt ist einer von hundert AquAdvantage-Fischen doch fruchtbar. Alle weiteren Vorsichtsmaßnahmen werden wahrscheinlich nicht verhindern können, dass irgendwann eines dieser Tiere entkommt und vielleicht in freier Wildbahn seine Zusatzgene an wilde Artverwandte weitergibt - mit schwer absehbaren Folgen. Das schnelle Wachstum muss kein Überlebensvorteil sein, könnte aber.

Das wahre Problem liegt aber nicht im Erbgut der Lachse, die zu Filets verarbeitet werden, sondern im Vorgehen der Industrie. Die wiederholt Fehler aus der Vergangenheit, als es um die Markteinführung von gentechnisch veränderten Pflanzen ging, mit Produkten, die dem Verbraucher nichts bringen, sondern nur den Herstellern, und fehlender Transparenz. So verscherzt man es sich selbst mit den gutmütigsten Verbrauchern. Da mag der Fisch noch so lecker sein.

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