Genforschung:Auswertung mit Schwachstellen

Wissenschaftler kritisieren die Studie zu Langlebigkeits-Genen: Die Forscher aus Bosten hätten zwei verschiedene Testsysteme verwendet und die Resultate bei der Auswertung vermischt.

Hanno Charisius

Eine vor zwei Wochen vorgestellte Studie über den Zusammenhang von Erbanlagen und einer hohen Lebenserwartung ist in die Kritik geraten. Verschiedene Forscher bemängeln die Auswertung der genetischen Informationen in der fraglichen Untersuchung.

Alter

Ob wirklich bestimmte Gene dafür verantwortlich sind, dass Menschen 100 Jahre oder ältern werden, wird angezweifelt.

(Foto: photocase.com)

Der federführende Autor der Studie, Thomas Perls von der Universität Boston, räumt in einem Schreiben "technische Fehler" bei den Labortests "einiger Probanden" ein. Er beharrt aber darauf, dass dadurch nicht die gesamte Untersuchung in Frage zu stellen sei.

Das Fachmagazin Science, in dem die Studie Anfang Juli veröffentlicht worden war, erklärte in einer Stellungnahme, dass nachdem die Daten nochmals analysiert worden seien, die Fachgutachter keinen Anlass sähen, die Ergebnisse der Studie durch methodische Fehler in Frage zu stellen.

Die Wissenschaftler um Perls hatten berichtet, dass sie eine Reihe von Erbanlagen gefunden hätten, die dafür verantwortlich seien, dass einige Menschen 100 Jahre und älter werden können. Sie hatten diese genetischen Varianten im Erbgut von mehr als 1000 Menschen gefunden, die mindestens 100 Jahre alt waren. Dieser Fachartikel löste ein weltweites Medienecho aus.

Die Bostoner Forscher haben für ihre Analyse zwei Testsysteme von unterschiedlichen Herstellern verwendet, in der Auswertung die Resultate aus beiden Verfahren jedoch miteinander gemischt.

Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Schlussfolgerungen aus der Daten-Melange falsch sein müssen, erklären auch die Kritiker dieser Vorgehensweise. Von den 150 beschriebenen Langlebigkeitsvarianten haben möglicherweise nur zwei nicht den starken Einfluss, den ihnen die Autoren der Studie zuschreiben.

Trotzdem ist diese Art der Daten-Auswertung ungewöhnlich und hätte den Gutachtern des Fachmagazins Science bereits vor der Veröffentlichung auffallen müssen. Das Beispiel zeigt, wie wichtig es inzwischen selbst für renommierte Wissenschaftsjournale ist, Aufmerksamkeit auch auf Nachrichtenportalen, in Zeitungen und im Fernsehen zu erzeugen.

Selbst mit einer solchen Schwachstelle sah die Science-Redaktion keinen Anlass, den Fachartikel so lange zurück zu halten, bis die Datenzusammenstellung den üblichen Gepflogenheiten entspricht.

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