Frage der Woche:Macht Musik schlau?

Wer Musik hört oder sogar selbst musiziert, steigert seine Hirnleistung - heißt es häufig. Was ist dran am sogenannten Mozart-Effekt?

Markus C. Schulte von Drach

Klassische Musik, so heißt es seit Jahren, steigert die Hirnleistungen. Seit einer Studie aus dem Jahre 1993 spricht man vom sogenannten Mozart-Effekt. Damals hatten Wissenschaftler der University of California in Irvine berichtet, dass Studenten, die für zehn Minuten einer Klaviersonate von Mozart gelauscht hatten, in speziellen Tests eine verbesserte räumliche Vorstellungskraft zeigten.

Frage der Woche: Gibt es den Mozart-Effekt?

Gibt es den Mozart-Effekt?

(Foto: Foto: dpa)

Der Effekt hielt zwar nur für etwa eine Viertelstunde an. Trotzdem zeigten sich viele Menschen davon überzeugt, dass eine gezielte Berieselung mit klassischer Musik die Intelligenz erhöht.

Spätere Studien mit anderen Tests konnten einen positiven Mozart-Effekt auf das Gedächtnis oder die Intelligenz allerdings nicht bestätigen. 2007 untersuchten deshalb neun Neurobiologen und Psychologen im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung die wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema.

Die Experten kamen zu dem Schluss, dass sich "unter bestimmten Bedingungen durch das Hören von Musik kurzfristige Leistungssteigerungen in Bezug auf unterschiedliche kognitive Fähigkeiten erzielen lassen".

Diese Effekte, so erklärten die Wissenschaftler, kämen dadurch zustande, "dass durch die Steigerung der kognitiven Erregung sowie durch die Verbesserung der Stimmung die Leistungsbereitschaft erhöht wird". Und das lässt sich nicht nur mit Mozart erreichen, sondern genauso gut mit Hilfe der Musik der jeweiligen Lieblingsband, aber auch über das Vorlesen von Geschichten, das Kaffeetrinken oder das Verzehren von Süßigkeiten. Bei Kindern konnten kurzfristige Effekte auch durch das Vorsingen oder Singen lassen von Kinderliedern erzielt werden.

Der Mozart-Effekt, so schlossen die Forscher damals, beruht demnach nicht auf einer "dauerhaften Steigerung der allgemeinen Intelligenz oder der Verbesserung einzelner kognitiver Fähigkeiten, sondern allein darauf, dass die Versuchspersonen durch das Hören der Musik kurzfristig in einen besonders leistungsbereiten Zustand versetzt werden". Immerhin stellten die Wissenschaftler fest, dass diese Effekte für 20 bis 30 Minuten anhalten können.

Es ist demnach sinnvoll und hilfreich, das eigene Wohlbefinden - auch - mit Hilfe von Musik zu steigern, um zumindest kurzfristig die Denkleistung zu erhöhen.

Kinder können profitieren

Doch wie ist es mit dem eigenen Musizieren? Lässt sich die Intelligenz erhöhen, wenn man sich regelmäßig der komplexen Herausforderung stellt, ein Instrument zu spielen oder zu singen? Schließlich müssen dabei sensorische und auch motorische Fähigkeiten geübt werden, um Melodie, Harmonie und Rhythmus zu beherrschen.

Tatsächlich sprechen einige Studien dafür, dass Kinder vom Musikmachen profitieren können. Wie etwa Glenn Schellenberg von der University of Toronto in Mississauga, Ontario, festgestellt hatte, steigt der Intelligenzquotient bei Sechsjährigen nach acht Monaten Klavierüben um bis zu drei Punkte an. Und Laurel Trainor und ihr Team von der McMaster University im kanadischen Hamilton, Ontario, konnten in einer kleinen Studie zeigen, dass Vier- bis Sechsjährige nach einem Jahr Musikunterricht ein besseres Gedächtnis besaßen als die Vergleichsgruppe. Forscher der Northwestern University in Evanston, Illinois, konnten schließlich zeigen, dass Musiker besonders gute Fähigkeiten besitzen, Töne, aber auch Sprache zu verarbeiten.

Forscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) berichteten vergangenes Jahr, dass bei Kindern, die früh ein Instrument erlernen, auch die Schulnoten in Mathematik und Deutsch etwas besser sind als bei ihren Altersgenossen, die Sport treiben. Das galt allerdings nicht für Fremdsprachen.

Jürgen Schupp und sein Team vom DIW hatten mehr als 2000 sechzehnjährige Kinder befragt und festgestellt, dass Kinder mit klassischer Musikausbildung bessere kognitive Fähigkeiten besaßen als Kinder, die im Sportverein waren. Auch die Noten waren besser und mehr von ihnen schafften den Übertritt auf das Gymnasium. Allerdings schnitten die sportlichen Kinder in Tests zur räumlichen Vorstellung besser ab. Die Ergebnisse waren unabhängig von der Herkunft der Kinder.

Demnach kann früher Musikunterricht die Intelligenz fördern und die schulischen Leistungen verbessern. Allerdings sind die Effekte nur gering und sie lassen sich auf andere Weise, etwa durch ein Lesetraining, ebenfalls erzielen.

Eltern sollten den Nachwuchs deshalb nicht zwingen, ein Instrument zu lernen - schon gar nicht, um seine Intelligenz zu fördern. Zeigt ein Kind jedoch Interesse an einem Instrument, so sollte man dies wo immer möglich unterstützen. Schon deshalb, weil das Musizieren einfach etwas Wunderbares ist.

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