Forschung:Im Labor der Kuschelklone

Eine kalifornische Firma dupliziert Katzen für solvente Tierfreunde - der erste Hund soll noch in diesem Jahr folgen.

Von Hubertus Breuer

Katzen haben doch mehr als neun Leben - wenn Herrchen oder Frauchen bereit sind, tief in die Tasche zu greifen. "Teuer ist es, keine Frage", erklärt Ben Carlson, Sprecher der Firma Genetic Savings and Clone in San Francisco. Teuer, aber nicht unbezahlbar für Jenny, die ihren Nachnamen nicht gedruckt sehen will.

Katze, dpa

Eine Wildkatze, garantiert nicht geklont - noch nicht.

(Foto: Foto: dpa)

Sie zahlte 50.000 Dollar, um ihre verstorbene Katze genetisch verdoppeln zu lassen: "Little Nicky" heißt das Ergebnis, die erste auf Bestellung geklonte Katze. Rechtzeitig vor Weihnachten wurde sie ausgeliefert. "Das Geld war mir nicht so wichtig", sagt Jenny. "Der Kater passt zu mir, genau wie Nicky, der letztes Jahr starb."

An den Wänden hängen Fotos verspielter Samtpfötchen und knuddeliger Hunde, aber nicht von jenen Tieren, deren Gewebeproben die Firma für einen monatlichen Obulus zu Hunderten tiefgefroren in ihren Gefrierschränken hütet.

"Wir wahren die Anonymität", sagt Carlson, als fielen Haustierfotos unter Datenschutz. Seitdem seine Firma Little Nicky an die Frau gebracht hat, ist unter betuchten Haustierbesitzern in den USA das Interesse an genetischen Wiedergängern sprunghaft gestiegen.

Der treue Gefährte

Zum Valentinstag lieferte die Firma die zweite Katze aus - "Little Gizmo", der genetische Zwilling der Siamkatze Gizmo, die im März 2003 starb. Weil die Firma den Produktionsprozess optimiert habe, so gibt sie zumindest an, ist der Preis für die genomische Wiederauferstehung inzwischen auf 32000 Dollar gefallen.

Tiere zu klonen ist keine Neuigkeit. Genetiker haben seit dem Schaf Dolly, das 1997 als erster Klon, der aus der Körperzelle eines erwachsenen Tieres entstand, das Licht der Welt erblickte, einen respektablen Zoo genetisch verdoppelt - Mäuse, Kaninchen, Ziegen, Schafe, Pferde, Schweine, Hirsche.

Doch bei Haustieren geht es nicht um Experimente für den Erkenntnisgewinn oder zur Vermehrung landwirtschaftlicher Nutztiere. Hier geht es um die Anhänglichkeit an ein Tier, dessen wesentlicher Lebenszweck darin besteht, dem Menschen ein treuer Gefährte zu sein.

Insgeheim besteht die - wissenschaftlich widersinnige- Hoffnung, dieses Treueverhältnis über die Schwelle des Todes hinaus zu retten. "Unsere Kunden wollen ein Tier, mit dem sie eine bereits positiv erlebte Beziehung wieder aufbauen können", erläutert Carlson das Konzept seiner Firma.

Patent-geschützte Methode

Das Ausgangsmaterial für den Klon bilden Eierstöcke, die Genetic Savings zu Tausenden von Tierkliniken aufkauft, wo sie Katzen bei der Sterilisierung entfernt wurden. Aus den Organen gewinnt die Firma Eizellen, entnimmt ihnen das Erbgut und ersetzt es durch das DNS-Material des zu klonenden Haustiers.

Die Methode, dank derer Klonschaf Dolly das Licht der Welt erblickte, hat Genetic Savings variiert. Bevor die Mitarbeiter der Firma den Zellen des zu klonenden Haustiers das Erbgut entnehmen, behandeln sie diese mit einem Extrakt aus Nierenzellen, die sich in einem frühen Stadium der Kernteilung befinden.

Dadurch verdichtet sich in den Spenderzellen die Erbsubstanz, und das wirkt sich anscheinend positiv auf die so genannte Reprogrammierung aus: Nach dem Erbguttransfer ist das Erbgut fast so jungfräulich wie in einem auf natürlichem Weg entstandenen Embryo. Chromatin-Transfer heißt die patentgeschützte Methode.

Geringe Überlebenschancen

Phil Damiani, Chefgenetiker von Genetic Savings, will auf jene Weise die Probleme vermeiden, die Tiere der Dolly-Generation plagten - von beschleunigter Alterung über Fehlgeburten bis hin zur Anfälligkeit für Krankheiten. 50 Katzen will Genetic Savings bis Ende kommenden Jahres geklont haben.

Ganz ohne Hindernisse geht es freilich nicht, gesteht Damiani ein. Die ersten Katzen, die Genetic Savings klonte, waren vor drei Jahren zwei Bengalenkatzen, die Firmen-Chef Lou Hawthorne gehörten. Im einen Fall brauchte es 14, im anderen 20Versuche, bis die Leihmütter die Kätzchen erfolgreich austrugen.

Auch heute stürben 15 bis 45 Prozent aller lebend geborenen Klonkatzen innerhalb der ersten 30 Tage, so Damiani. Ungewöhnlich ist das nicht. Der Genetiker Eckhard Wolf, Professor für Molekulare Tierzucht an der Universität München, klont Rinder und hat ähnliche Erfahrungen: "Fünf bis 20 Prozent der Embryonen entwickeln sich zum gesunden Kalb", sagt er.

Auch auf Gene ist nicht immer Verlass

Der Kuschelklon, der schließlich als Überlebender aus Dutzenden von Versuchen schnurrend bei den Kunden landet, soll nicht nur genetische Kopie sein. Die Auftraggeber von Genetic Savings erhoffen sich, ein Tier zu erhalten, das ihrer alten Katze weitgehend ähnelt. Doch das kann ihnen niemand garantieren.

Genetic Savings erste Katze namens CC - für Carbon Copy oder Copycat - sah seiner Mutter, einer dreifarbig gepunkteten Mieze namens Rainbow, nicht sehr ähnlich: Sie trug Weiß mit einem grauen Tigerfell über den Rücken geworfen. Zudem erwies sich CC als gesellig, während Rainbow ein eher verstockter Zeitgenosse ist.

"Wir haben nie behauptet", wehrt Hawthorne solche Einwände ab, "dass Gene das Aussehen und das Verhalten durchgehend bestimmen." Doch eben diesen Glauben muss die Firma wohl oder übel nähren, um neue Kunden zu werben. So spricht Hawthorne gerne vom "Potenzial", das seine Firma den Kunden liefere.

Wenn sich dieses voll entfaltet, gibt es, so die unterschwellige Aussage, immerhin eine fast identische Kopie. Und hin und wieder gelingt es ja. Jenny jedenfalls erkennt in der Kopie ihre einst so geliebte Katze wieder.

Tierschützer schlagen Alarm

Die Idee genetischer Haustierdoubletten geht auf den Milliardär und Gründer der University of Phoenix, John Sperling, zurück. Er hatte sich in Hawthornes Hund Missy verguckt. Die Mischlingshündin - zu drei Vierteln Collie und zu einem Viertel Husky - sollte dupliziert werden.

Sperling gab Forschern am Veterinary College der Texas AM University 1997 mehrere Millionen Dollar, um den attraktiven Wauwau zu vervielfältigen. Das Missy-Projekt erregte so viel öffentliche Aufmerksamkeit, dass Sperling ein Geschäft witterte.

So wurde Genetic Savings geboren. Einen Hund hat die Firma freilich immer noch nicht geklont, doch ist die Forschung offenbar weit genug gediehen, um Katzen genetisch zu verzweifachen. "Klontechnik ist artspezifisch", erklärt der Genetiker Damiani.

"Und die Reproduktionsorgane eines Hundes sind kompliziert." Nichtsdestotrotz hofft Genetic Savings noch dieses Jahr einen Hund zu klonen - Missy, deren Konterfei trotz Datenschutz im Hauptquartier überall an den Wänden prangt.

So, wie die Dinge stehen, wird es bald zum Alltag gehören, dass reiche Kunden ihre allerliebsten Katzen und Kläffer neu erstehen lassen - womöglich gar über mehrere Generationen hinweg. Die Technik existiert, die Nachfrage ist groß. Doch regt sich auch Widerstand gegen die wundersame Vermehrung von Haustieren.

Noch kein Markt für Schlangen

So lancierte der US-Tierschutzverband American Anti-Vivisection Society kürzlich eine Kampagne, um das Klonen von Haustieren in Kalifornien verbieten zu lassen. Begründung: das Gesundheitsrisiko für die Klontiere.

Auch Wolf sieht kommerzielle Unternehmen kritisch, die nicht der Forschung dienen. "Wenn man den Einfluss der Gene auf das Verhalten studieren will, ist Klonen sicher nützlich. Und es ist auch sinnvoll, Tiere zu klonen, deren Organe, Gewebe oder Gene seltene Wirkstoffe für den Menschen liefern."

Allerdings, fährt Wolf fort: "Nur lebende Kopien verstorbener Begleittiere zu erstellen, lässt sich schwerlich rechtfertigen." Bei Genetic Savings sieht man solche Einwände angesichts voller Auftragsbücher gelassen.

"Tiere zu klonen ist legal, und die Katzen, die wir geliefert haben, sind gesund", meint Carlson. "Ich persönlich würde auch gerne meine brasilianische Regenbogenboa klonen. Aber für Schlangen ist der Markt noch zu klein."

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