Extraterrestrische Forschung:Volldampf auf dem Jupitermond

NASA handout image of Jupiter's moon Europa

Bei den Fontänen werden bis zu 3000 Kilogramm Wasserdampf pro Sekunde ausgestoßen.

(Foto: REUTERS)

Spektakuläre Entdeckung dank des Weltraumteleskops Hubble: Am Südpol des Jupitermondes Europa schießen gewaltige Wasserdampffontänen bis zu 200 Kilometer in die Höhe. Der genaue Mechanismus ist zwar noch unklar - doch die Hoffnung auf Leben außerhalb der Erde wächst.

Von Hubert Filser

Es ist ein gigantisches Schauspiel, das sich regelmäßig am Südpol des Jupitermondes Europa abspielt: Gewaltige Wasserdampffontänen jagen bis zu 200 Kilometer hoch in den Himmel, manchmal stundenlang. Das unter dem dicken Eispanzer des Mondes gefangene Wasser presst sich dabei durch Ritzen im Eis und schießt mit 2500 Kilometer pro Stunde in die Höhe. Möglich ist auch, dass festes Eis direkt zu Wasserdampf wird, wenn sich Risse im Eispanzer aneinander reiben und die Eiskristalle dabei aufgrund der niedrigen Temperaturen direkt verdampfen.

"Den genauen Mechanismus kennen wir noch nicht", sagt der deutsche Physiker Lorenz Roth, der die Fontänen zusammen mit Kollegen entdeckt hat (Science, online). Die Wasserfontänen ließen sich immer dann beobachten, wenn Europa auf seiner leicht elliptischen Umlaufbahn am weitesten von Jupiter entfernt war. Dann wirken die Gezeitenkräfte so, dass sich riesige Spalten in Europas Eisoberfläche auftun. "3000 Kilogramm Wasserdampf werden dann pro Sekunde ausgestoßen", sagt Roth, der derzeit am Southwest Research Institute in den USA arbeitet. Die Aktivität der Fontänen scheint zeitlich zu variieren. Die anschließend herabschwebenden Wassermoleküle und Eisteilchen bedecken eine Fläche von 500 000 Quadratkilometern rund um den Südpol.

Die Forscher sind mit Hilfe des Weltraumteleskops Hubble auf die Spur der Fontänen gekommen. Auf Aufnahmen im ultravioletten Bereich zeigten sich starke Signale für Wasserstoff und etwas schwächere Signale für Sauerstoff. Diese sind gerade noch stark genug, dass das Teleskop sie von seiner Erdumlaufbahn aus wahrnehmen kann. Die Fontänen scheinen vor allem Wasser zu enthalten. Dies passt zu früheren Beobachtungen, wonach die oberste Schicht des Jupitermondes vermutlich größtenteils aus Eis besteht.

Fokus der extraterrestrischen Forschung

Europa ist einer von derzeit 63 bekannten Monden, die den Planeten Jupiter umkreisen. Galilei hatte bereits im Jahr 1610 Europa und drei weitere Jupitermonde entdeckt. Mit einem Durchmesser von gut 3100 Kilometern ist Europa fast so groß wie der Erdmond. Die Gravitation beträgt nur ein Achtel der irdischen Schwerkraft. An seiner Oberfläche wird es selten wärmer als minus 150 Grad Celsius. Es gibt deutliche Hinweise, dass es unter einer kilometerdicken Eisschicht einen vielleicht Hunderte Kilometer tiefen, den Mond umgebenden Ozean geben könnte, der mehr Wasser enthält als alle irdischen Meere. Europa gilt deshalb als Top-Kandidat für mögliches Leben außerhalb der Erde. "Wir haben mit Hubble bereits mehrmals die Suche nach Wasser und Wasserfontänen auf Europa vorangetrieben" sagt Co-Autor Joachim Saur von der Universität Köln.

Europa gerät deshalb immer mehr in den Fokus der extraterrestrischen Forschung. "Die relativ starken Gezeitenkräfte sind eine mögliche Energiequelle, die auch für die Entstehung von Mikroben notwendig ist", sagt Roth. Am Ozeangrund könnte es heiße unterirdische Ausgasungen geben, um die herum sich eine bewohnbare Umgebung bilden kann. Der Ozean ist außerdem wahrscheinlich salzhaltig.

Wenn die Fontänen aus diesem unter dem Eis verborgenen Wasserspeicher stammen, würde die genauere chemische Analyse der Fontänen auch einen tiefen Einblick in die Struktur des Jupitermondes geben. Das wäre ein weiteres wichtiges Detail, um herauszufinden, ob Leben unter der Oberfläche Europas möglich ist. "Wahrscheinlich sind viele Spurenelemente in den Fontänen zu finden", sagt Roth. Wie beim Saturnmond Enceladus, auf dem man ebenfalls Wasserdampf-Fontänen entdeckt hat, könnte zudem beispielsweise Kohlendioxid vorhanden sein. Für solche Feinanalysen reicht die Genauigkeit der Daten noch nicht aus. "Wir sind mit unseren Messungen am Limit der Möglichkeiten von Hubble", sagt Roth. Deshalb können die Forscher auch noch nicht sagen, ob die Fontänen an- und ausgehen wie Geysire auf der Erde oder ob sie nur stärker und schwächer werden, während Europa den Jupiter umkreist.

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