Esa-Raumsonde:Hallo "Rosetta", bitte aufwachen

31 Monate Winterschlaf hat die europäische Kometen-Raumsonde "Rosetta" hinter sich, um Energie für ihre kommende Aufgabe zu sparen. Jetzt soll sie sich aus den Tiefen des Sonnensystems wieder melden.

Von Alexander Stirn

957 Tage lang herrschte Funkstille. 957 Tage lang hat die europäische Raumsonde Rosetta planmäßig keinen Pieps von sich gegeben.

An diesem Montag soll sich das ändern. Dann soll sich das unbemannte Raumschiff, das 810 Millionen Kilometer von der Erde entfernt seine Bahnen zieht, wieder melden. Wenn es noch kann, wenn es nicht in 31 Monaten lautlosen Flugs eingefroren ist.

Am Europäischen Raumfahrtzentrum Esoc in Darmstadt, wo das Lebenszeichen eintreffen soll, warten die Ingenieure gespannt, ob die Sonde die Zwangspause von zweieinhalb Jahren unbeschadet überstanden hat.

Rosetta ist auf einer besonderen Mission. Die eine Milliarde Euro teure Raumsonde hat sich im März 2004 aufgemacht, erstmals einen Kometen zu besuchen und dort eine kühlschrankgroße, in Deutschland entwickelte Tochtersonde abzusetzen. Nach Vorbeiflügen an der Erde, dem Mars sowie den Asteroiden Steins und Lutetia führte Rosettas Kurs in die Tiefen des Sonnensystems.

Philae on the comet

Künstlerische Darstellung der Sonde Philae, die von Rosetta auf dem Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko abgesetzt werden soll

(Foto: ESA/ATG medialab)

Dort, in einer ähnlichen Entfernung wie der Planet Jupiter, ist das Sonnenlicht aber so schwach, dass die beiden 15 Meter langen Solarpaneele von Rosetta nur 400 Watt liefern können. Diese Energie wird fast komplett benötigt, um die Temperatur im Innern des Raumschiffs zwischen fünf und 45 Grad Celsius zu halten. Für alle weiteren Aufgaben fehlt der Strom.

Frühere Sonden, die ins Alls aufgebrochen sind, hatten daher eine sogenannte Radionuklidbatterie an Bord. Das Gerät verwandelt die Wärme, die beim Zerfall eines radioaktiven Elements entsteht, in Strom. Die Konstrukteure von Rosetta haben auf solch eine strahlende Energiequelle bewusst verzichtet. Dafür mussten sie, um Strom für die Heizung zu sparen, ihre Sonde in den Winterschlaf versetzen.

Vier Quarzwecker sollen am Montagmorgen den Schlaf beenden. "Mindestens zwei davon müssen gleichzeitig klingeln, um das Risiko zu minimieren, dass die Sonde durch die Fehlfunktion eines Weckers zum falschen Zeitpunkt aktiviert wird", sagt Gunther Lautenschläger vom Raumfahrtkonzern Airbus Defence and Space, der die Sonde für die Europäische Weltraumbehörde Esa gebaut hat.

Nach dem Klingeln des Weckers telefoniert die Sonde nicht sofort nach Hause. Sie wärmt erst die Navigationsinstrumente auf, kontrolliert die Systeme, richtet Antennen auf die Erde aus. Sollte etwas nicht funktionieren, muss Rosetta zudem auf Ersatzsysteme umschalten, die sicherheitshalber an Bord sind. Auch das erste "Hallo" wird nicht sofort ankommen: Zwar ist das Signal mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs, aufgrund der großen Entfernung werden aber 43 Minuten vergehen, bis es die Erde erreicht.

Dort werden am Montagabend Radioteleskope in Australien und den USA gespannt auf das Ende der Funkstille warten. Die Ingenieure am Esa-Kontrollzentrum in Darmstadt hoffen, das erste Signal zwischen 18.30 und 19.30 Uhr zu empfangen. Für Rosetta beginnt damit eine arbeitsreiche Zeit, die im August mit der Ankunft am Kometen Tschurjumow-Gerasimenko gekrönt werden soll. Lediglich Philae, die federführend vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt gebaute Landesonde, darf noch etwas länger schlafen: Ihr Wecker klingelt erst Ende März.

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