Erste Hilfe:Hand aufs Herz

Was tun bei einem Notfall? Bislang hieß das Erste-Hilfe-Rezept: Herzmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung. Nun gibt es eine neue Empfehlung amerikanischer Herzexperten.

Werner Bartens

Die Rettung muss nicht immer von Mund zu Mund kommen. Ebenso hilfreich kann es offenbar sein, wenn sich Laien auf die Herzmassage konzentrieren, sobald jemand kollabiert und nicht mehr ansprechbar ist. Zu diesem Ergebnis ist die Gesellschaft der amerikanischen Kardiologen Anfang dieser Woche gekommen.

Erste Hilfe: "Man muss nur zwei Dinge tun ... den Notruf wählen und schnell und hart auf die Mitte des Brustkorbs drücken"

"Man muss nur zwei Dinge tun ... den Notruf wählen und schnell und hart auf die Mitte des Brustkorbs drücken"

(Foto: Foto: iStock)

"Man muss nur zwei Dinge tun, wenn jemand plötzlich zusammenbricht", sagt Notfallmediziner Michael Sayre von der Ohio State University, der die Expertenkommission geleitet hat. "Den Notruf wählen und schnell und hart auf die Mitte des Brustkorbs drücken - am besten in einem Rhythmus von 100mal pro Minute."

Die Empfehlung der amerikanischen Herzexperten kam überraschend. Eigentlich hätte erst 2010 die Überarbeitung der Richtlinie angestanden.

Im vergangenen Jahr waren jedoch drei Studien erschienen, in denen kaum Unterschiede zwischen der Notfallbehandlung durch Laien mit und ohne Beatmung festgestellt wurden, sodass die US-Ärzte jetzt beide Verfahren als gleichwertig einstuften.

Zuvor hatte gegolten, dass im Notfall auf 30 Herzmassagen zwei Mund-zu-Mund-Beatmungen folgen sollten. Die Empfehlung 30 zu 2 stammt aus dem Jahr 2005. Zuvor hielten Notärzte es für nötig, dass auf 15 Herzdruckmassagen zwei Atemspenden folgten.

"Dieser Wechsel zeigte schon die überragende Bedeutung, zu drücken", sagt Jens Scholz von der Deutschen Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin. "Den Kreislauf aufzubauen hat oberste Priorität." Die Herzmassage fördert zudem noch etwas Luft in die Lungen.

Scholz betont, das die Europäische Gesellschaft für Wiederbelebung erst am 31. März die Empfehlung 30 zu 2 erneuert hat. Ausdrücklich heißt es darin aber auch, dass auf die Beatmung verzichtet werden kann, wenn der Laienhelfer das nicht kann oder will. "In den USA ist die Hemmschwelle größer als hier", sagt Scholz. "Nur zu drücken ist natürlich besser, als gar nichts zu tun."

Laien sind oft überfordert

Aus anonymen Erhebungen ist bekannt, dass manche Laien die Mund-zu-Mund-Beatmung scheuen, weil sie Infektionen fürchten, sich ekeln oder Angst haben, etwas falsch zu machen. "Wenn Leute ehrlich sind, würden sie oft nicht beatmen", sagt Gordon Ewy, Notfallmediziner an der University of Arizona. "Das liegt nicht nur am Ekel-Faktor."

Laien sind oft überfordert, wenn sie den Brustkorb komprimieren und die Luftzufuhr sicherstellen sollten. So betrug die Pause zwischen Herzmassagen bis zu 16 Sekunden, wenn zwischendurch beatmet wurde. Zu viel, denn der Herzschlag sollte maximal zehn Sekunden aussetzen.

"Die Herzdruckmassage ist entscheidend und sollte so kurz wie möglich unterbrochen werden", sagt Peter Krebs, der die Notfallausbildung am Klinikum Nürnberg leitet. "Bevor man für eine fraglich effektive Beatmung unterbricht, sollte man lieber weiterpumpen."

Wenn Fachpersonal oder geübte Laien zugegen sind und bei Kindern, die eher unter Atemnot leiden, wenn sie zusammenbrechen, gilt weiter die herkömmliche 30-zu-2-Technik inklusive Beatmung. Dies trifft auch zu, wenn Erwachsene wiederbelebt werden, die beinahe ertrunken sind, eine Kohlenmonoxid-Vergiftung haben oder unter Drogen stehen.

"Wenn einer plötzlich kollabiert, ist noch viel Sauerstoff im Blut und das Drücken entscheidend", sagt Notfallmediziner Krebs. "Wenn ich jedoch nicht weiß, wie lange einer liegt und nach spätestens zehn Minuten sollte die Beatmung aber wieder einsetzen."

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