Erneuerbare Energie:China und Indien werden zu Klima-Pionieren

Erneuerbare Energie: Die Solarenergie erlebt in China einen Boom: Innerhalb eines Jahres wuchs die mit Photovoltaik erzeugte Strommenge um 72 Prozent.

Die Solarenergie erlebt in China einen Boom: Innerhalb eines Jahres wuchs die mit Photovoltaik erzeugte Strommenge um 72 Prozent.

(Foto: AP)
  • Indien und China können ihre klimapolitischen Zusagen im Rahmen des Paris-Abkommens wohl einhalten. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forscherteam.
  • Der Ausbau erneuerbarer Energien wie der Photovoltaik oder der Windkraft gehe in Asien zügig voran, schreiben die Wissenschaftler in einem Bericht.
  • Den USA stellen die Forscher dagegen ein schlechtes Zeugnis in der Energiepolitik aus.

Von Marlene Weiß

China und Indien sind auf einem guten Weg, beim Ausbau erneuerbarer Energien ihre Ziele für das Jahr 2030 zu erreichen - in den USA dagegen ist die Lage unübersichtlich. Das geht aus einer Analyse hervor, welche die Allianz Climate Solutions GmbH, eine Forschungseinheit des Allianz-Konzerns, gemeinsam mit dem deutschen New Climate Institute und der Umweltorganisation Germanwatch erstellt hat und die der SZ vorliegt. Die Studie soll an diesem Donnerstag veröffentlicht werden.

Wenn die globale Erwärmung - wie 2015 bei der Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Paris vereinbart - deutlich unter zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter bleiben soll, muss es gelingen, Strom bis Mitte dieses Jahrhunderts weitgehend emissionsfrei zu erzeugen. Ohne also, dass dabei Treibhausgase entstehen. Um das zu schaffen, sind enorme Investitionen in erneuerbare Energien nötig. Entscheidend für die weitere Entwicklung sind vor allem China, Indien und die USA, auf die mehr als 50 Prozent der globalen Emissionen entfallen. Zumindest in China und Indien, wo zusammen mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung lebt, sieht es laut dem Bericht gar nicht so schlecht aus.

In China etwa seien die Neu-Investitionen in erneuerbare Energien zuletzt zwar auf 78 Milliarden Dollar eingebrochen, nötig wären laut einer Schätzung des Allianz-Konzerns rund 200 Milliarden Dollar. Insgesamt verlaufe der Ausbau aber zügig, daher bekommt das Land gute Noten: Die Politik sei angemessen und zuverlässig, was den Ausbau erneuerbarer Energien angeht. Von 2015 auf 2016 stieg die Strommenge in China, die mit Windkraft erzeugt wurde, um 30 Prozent. Der Solarstrom legte sogar um 72 Prozent zu. Der Verbrauch an Kohle ging dagegen das dritte Jahr in Folge zurück. China hat im Rahmen des Paris-Abkommens zugesagt, bis 2030 mindestens 20 Prozent der Energie mit erneuerbaren Quellen zu erzeugen, ab 2030 sollen die CO2-Emissionen des Landes sinken. Diese Zusagen werde China leicht erfüllen können, schreiben die Autoren der Studie. Möglicherweise sinken die Emissionen auch schon früher.

Auch für Indien, das Klimaschützern wegen des starken Zubaus von Kohlekraftwerken lange Sorgen machte, sind die Autoren der Studie optimistisch. Inzwischen würden die Pläne für neue Kohlekraftwerke überprüft, womöglich baue Indien schon von 2022 an keine weiteren. Gemäß Indiens Zusage in Paris sollen bis 2030 rund 40 Prozent der Stromerzeugungs-Kapazität auf Erneuerbare entfallen. Dieses Ziel sollte das Land laut Bericht schaffen. Offenbar plant Indien inzwischen sogar, deutlich früher deutlich mehr zu erreichen. "Indien hat mich selbst überrascht", sagt Jan Burck von Germanwatch, einer der beteiligten Autoren. "Natürlich gibt es noch viele Fragezeichen, aber insgesamt sind die Signale sehr positiv."

Die USA könnten ihre Zusagen verfehlen

Die USA hingegen schneiden in dem Report schlecht ab. "Die USA haben in den vergangenen Jahren stark auf Erdgas gesetzt. Das ist besser als Kohle, aber im Vergleich zu Erneuerbaren sind die Emissionen immer noch zu hoch", sagt Burck. Aus Washington gebe es wenig Unterstützung, und das Bild in den Bundesstaaten sei sehr gemischt; lediglich Kalifornien und Texas werden lobend erwähnt. Insgesamt halten die Autoren die Klimapolitik der USA weder für angemessen noch für zuverlässig. Sollte Präsident Donald Trump tatsächlich damit durchkommen, den "Clean Power Plan" seines Vorgängers Barack Obama zu beenden, sei auch das Erreichen des amerikanischen Ziels aus dem Paris-Abkommen gefährdet.

Eigentlich wollten die USA bis 2025 rund 26 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als noch 2005. Doch selbst wenn die Paris-Zusagen erreicht werden, reichen sie nicht aus, um die Erwärmung wie vereinbart deutlich unter zwei Grad zu halten. Eher dürften sie auf einen Temperaturanstieg von gut drei Grad hinführen. Aber die Ziele von Indien, China und den USA seien immerhin ungefähr vergleichbar, sagt Jan Burck. Wenn also unter den drei Nationen allein die USA ihr Ziel verfehlen, könnte man das wohl als besonderes Versagen deuten.

Die düstere Einschätzung für Trumps Amerika teilen jedoch nicht alle. "Es stimmt, dass man in den USA vor allem auf die Staaten-Ebene schauen muss, und da sind die politischen Bedingungen sehr unterschiedlich", sagt Markus Steigenberger vom Think Tank Agora Energiewende, der nicht an der Studie beteiligt war. "Aber die wirtschaftlichen Fakten sind dort mittelfristig ganz klar." Er rechne daher fest damit, dass erneuerbare Energien in den USA schnell weiter ausgebaut werden, schlicht weil sie so günstig geworden sind.

Die Preise für die Erzeugung grünen Stroms sind mittlerweile überall auf der Welt dramatisch gefallen, inzwischen sind Wind- oder Sonnenenergie an vielen Orten billiger als die Ausbeutung fossiler Ressourcen. Dafür ist Steigenberger skeptisch, was China angeht: "Da beginnt jetzt die Phase, in der die Kohlestrom-Industrie den Zubau Erneuerbarer schmerzhaft spürt", sagt er. Wie sich die chinesische Regierung in diesem Konflikt verhalte, ist für ihn noch längst nicht ausgemacht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: