Erdmagnetfeld:Kühe als Kompassnadeln

Kühe richten sich auf der Weide wie Kompassnadeln nach dem Magnetfeld der Erde aus - wenn keine Strommasten in der Nähe stehen.

Hanno Charisius

Rinder, Rehe und Hirsche verfügen offenbar über einen Magnetsinn. Biologen der Universität Duisburg-Essen hatten auf Satelliten-Fotos des Internetdienstes Google Earth entdeckt, dass sich die Tiere bevorzugt wie Kompassnadeln am Magnetfeld der Erde ausrichten, wenn sie ruhen oder grasen.

Erdmagnetfeld: Hochspannungsleitungen stören den Magnetsinn von Kühen, die sich nach dem Magnetfeld der Erde ausrichten.

Hochspannungsleitungen stören den Magnetsinn von Kühen, die sich nach dem Magnetfeld der Erde ausrichten.

(Foto: Foto: ddp)

Das war vor einem guten halben Jahr. Nun haben Sabine Begall und ihre Kollegen eine weitere Beobachtung gemacht, die ihre Hypothese bestätigt: In der Nähe von Hochspannungsleitungen sei "keine Richtungspräferenz" mehr erkennbar, sagt Begall, "ihr Orientierungssinn ist gestört".

Es sei klar, dass Stromleitungen einen Einfluss auf das Erdmagnetfeld hätten, erklärt die Zoologin, die Ihre Studie in dieser Woche im Fachblatt PNAS veröffentlicht. Aus diesem Grund hätte sie sich mit ihren Kollegen aus Deutschland und zwei tschechischen Forschern dazu entschlossen, die Luftaufnahmen nochmals nach Überlandleitungen abzusuchen.

Dabei fanden sie die desorientierten Säuger. Mit zunehmendem Abstand von der Leitung lasse der Effekt nach und die Tiere richten sich wieder wie gewohnt aus. "Die Hintergründe dieses Verhaltens sind völlig unbekannt", sagt Begall.

Magnetsinn nicht zur Orientierung

Normalerweise arbeitet sie mit hamstergroßen Graumullen, die sich beim Bau ihrer unterirdischen Nester ebenfalls am Erdmagnetfeld orientieren. Auch viele andere Tiere würden sich entlang der Feldlinien positionieren, weiß Roswitha Wiltschko von der Universität Frankfurt.

Das sei jedoch kein Beleg dafür, dass der Magnetsinn auch bei Säugetieren der Orientierung diene. "Vielleicht steigert es einfach ihr Wohlbefinden", spekuliert Begall. Als nächstes möchte sie klären, wie genau Rehe, Kühe und Hirsche die Richtung des Erdmagnetfeldes erspüren.

Sie hält es für möglich, dass es einen Einfluss auf die elektrischen Ströme im Gehirn der Säugetiere ausübt. Bei Graumullen hat sie einen möglichen Magnetsensor in den Augen gefunden, doch gebe es noch keinen Hinweis, wie Signale von dort ins Gehirn gelangen könnten.

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