Erderwärmung:Klima-Schlagzeilen für Politiker

Forscher aus aller Welt diskutieren in Kopenhagen neueste Daten zum Klimawandel. Sie wollen Politikern ihre wichtigsten Erkenntnisse als "Handvoll Schlagzeilen" präsentieren.

C. Schrader

Auf dem Podium stehen Eisberge. Geschickte Handwerker haben die dreieckigen Gebilde aus Spanplatten gesägt, lackiert und blaue Scheinwerfer darauf gerichtet. Jetzt leuchtet die Kulisse wie Gletschereis und gibt einen dramatischen Hintergrund, der die dramatischen Worte der Sprecher am Rednerpult verstärkt.

Erderwärmung: Katherine Anderson von der Universität Kopenhagen: "Wir sind die erste Generation von Menschen, die verstehen, welche Folgen ihre Handlungen für die globale Umwelt haben, und die erste Generation, die etwas dagegen tun muss."

Katherine Anderson von der Universität Kopenhagen: "Wir sind die erste Generation von Menschen, die verstehen, welche Folgen ihre Handlungen für die globale Umwelt haben, und die erste Generation, die etwas dagegen tun muss."

(Foto: Foto: AP)

"Wir sind die erste Generation von Menschen, die verstehen, welche Folgen ihre Handlungen für die globale Umwelt haben", ruft von dort oben Katherine Anderson von der Universität Kopenhagen, "und die erste Generation, die etwas dagegen tun muss."

Unten im Saal sitzen 2000 Wissenschaftler, die den aktuellen Stand der Klimaforschung auf einer Konferenz in Kopenhagen diskutieren. Am Dienstag hat die Tagung begonnen. Wie viel Erwärmung ist für die Zukunft zu erwarten, um wie viele Meter könnte der Meeresspiegel steigen, wie könnten die Lasten des Klimaschutzes gerecht zwischen reichen und armen Ländern verteilt werden?

Der Ort und die Zeit des Kongresses sind mit Bedacht gewählt. Im Dezember werden sich in der gleichen Halle des Bella-Centers am Rand von Kopenhagen die Regierungen der Länder der Welt versammeln, um ein Nachfolge-Abkommen für das Kyoto-Protokoll zu beschließen - einen Vertrag, der die Nationen dieser Erde verpflichtet, in Zukunft deutlich weniger Treibhausgase auszustoßen.

Diesem Forum wollen die Wissenschaftler in Kopenhagen die neuesten Daten in die Hand geben. "Politiker und die Gesellschaft dürsten nach dem aktuellen Wissen", begründet Anderson den Kongress.

"Je besser wir die Öffentlichkeit informieren, desto bessere Entscheidungen werden getroffen", stimmt Ian Chubb von der Australian National University zu; er leitet den internationalen Verband von zehn Forschungsuniversitäten, der die Konferenz in Kopenhagen ausrichtet.

Klima-Schlagzeilen für Politiker

Es sei die Aufgabe der Wissenschaftler, ihre Resultate zusammenzustellen und verständlich zu machen. Darum soll der Kongress am Donnerstag damit enden, dass die Organisatoren dem dänischen Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen "eine Handvoll" der wichtigsten Ergebnisse in Form von Schlagzeilen präsentieren.

Im Juni soll eine maximal 30-seitige Broschüre erscheinen, die die Schlagzeilen unterfüttert. Damit wolle man dem Weltklimarat IPCC keine Konkurrenz machen oder gar eine abweichende Meinung präsentieren, betont Anderson. Aber viele Daten im jüngsten Report des UN-Gremiums, der 2007 veröffentlicht wurde, seien aus technischen Gründen schon fünf Jahre alt - eine Auffrischung sei für alle gut.

Schlechte Nachrichten erwartet

Diesen Input aus der Wissenschaft begrüßt die dänische Ministerin für Klima und Energie, Connie Hedegaard. Sie fordert die Hilfe geradezu ein. "Wir müssen im Dezember einfach Erfolg haben", sagt sie bei ihrer Rede vor den Spanplatten-Eisbergen. "Wir müssen unsere Lebensweise für die kommenden Generationen verändern."

Die augenblickliche Wirtschaftskrise sei für den Klimaschutz kein Hindernis, sondern ein Ansporn. "Es ist eine phantastische Gelegenheit, unser ökonomisches Modell zu überdenken und die Wirtschaft neu auszubalancieren."

So habe Dänemark große Fortschritte damit gemacht, Arbeitsplätze auf dem erneuerbaren Energiesektor zu schaffen. Ähnlich argumentiert John Ashton, Sondergesandter der britischen Regierung für Klimafragen. "Wir müssen den Klimaschutz als Teil der Lösung der Wirtschaftskrise darstellen. Die Welt wird nicht noch einmal zwei Billionen Dollar aufbringen, um die globale Erwärmung zu bekämpfen, wenn sie soeben eine solche Summe zur Stabilisierung der Wirtschaft aufgebracht hat."

Gute Nachrichten zum Klimawandel, warnte Katherine Anderson gleich zu Anfang, werde es aus Kopenhagen nämlich kaum geben. "Hier geht es auch nicht mehr darum vorherzusagen, ob der Klimawandel kommt. Sondern darum, das Risiko genauer einzuschätzen."

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