Erderwärmung:Die Klimadetektive

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Zu den Treibhausgasen in der Atmosphäre gibt es unterschiedliche Angaben (Foto: dpa)

Wenn Forscher die Konzentration von Treibhausgasen in der Luft messen, zeigt sich: Die Angaben der Staaten weichen teils erheblich von den tatsächlichen Werten ab. Wie kann das sein?

Von Andreas Frey

Die Klimapolitik ist wie eine groß angelegte Diät. Die Länder sollen abspecken, weil es besser für die Gesundheit aller ist. Und weniger Emissionen bedeuten eine bessere Welt, schon klar.

Doch damit zu beginnen, fällt schwer; und durchzuhalten, noch schwerer. Aber was wäre, wenn man diese Diät schließlich eingeht, ohne sich zu wiegen?

Diese Frage diskutieren Atmosphärenforscher seit Jahren. Denn die ohnehin dürftigen Zusagen über Emissions-Einsparungen beruhen meist auf Schätzungen der einzelnen Länder. Das funktioniert noch relativ gut beim wichtigsten Treibhausgas Kohlendioxid, das im Mittelpunkt von Verhandlungen wie zuletzt auf der UN-Klimakonferenz in Warschau steht.

Doch bei anderen Gasen weichen die tatsächlichen Werte oft stark von den Schätzungen ab. Die Mengen mögen geringer sein, die Stoffe wie Methan oder Lachgas sind aber meist deutlich potenter als CO2.

Eine jetzt in PNAS (online) erschienene Studie zeigt, dass die Angaben über den Ausstoß von Methan in den USA nicht stimmen. Die von den Forschern vorgenommenen Messungen wichen teilweise gravierend von den Schätzungen ab. Die tatsächlichen Werte lagen um mehr als die Hälfte höher als von der amerikanischen Umweltbehörde EPA angegeben, teilt ein Team von Atmosphärenforschern um Marc Fischer vom Berkeley Lab in Kalifornien mit.

"Uns ist es erstmals gelungen, den Methanausstoß in den USA auf regionaler Ebene mit ausreichender Auflösung zu quantifizieren, so dass wir nun in der Lage sind, die offiziellen Angaben zu kritisieren", sagt Fischer. Dazu haben die Forscher über zwei Jahre hinweg Daten von Messstationen und Flugzeugen ausgewertet und mit Strömungsmodellen kombiniert.

In den Bundesstaaten Texas, Oklahoma und Kansas, die rund ein Viertel der amerikanischen Methan-Emissionen verursachen, lagen die Werte sogar fast dreimal so hoch wie angegeben. Als Verursacher kommt Fischer zufolge in diesen Staaten nur die petrochemische Industrie in Frage.

Die Umweltphysikerin Ingeborg Levin von der Universität Heidelberg ist von dem Ergebnis der amerikanischen Kollegen zwar nicht überrascht, die Abweichungen seien allerdings schon beachtlich, sagt sie. Vergleichbaren Studien aus Europa zufolge liegen die tatsächlichen Messwerte von Methan hier um 25 bis 30 Prozent höher als von den Staaten angegeben. Auch Messungen von Lachgas und Schwefelhexafluorid ergaben stets höhere Werte.

"Obwohl es natürlich Unsicherheiten gibt, ist es schon auffällig, dass die Messergebnisse meistens über den Schätzungen der Staaten liegen", sagt Levin. Böse Absicht möchte sie niemandem unterstellen, gleichwohl plädiert sie seit Jahren für ein unabhängiges, weltweites Messnetz.

Gut funktioniert hingegen die Abschätzung darüber, wie viel Kohlendioxid in die Atmosphäre entweicht. Das liegt vor allem daran, dass die Staaten sehr gut wissen, wie viel Energie sie in Form von Öl, Gas und Kohle verbrauchen, aus denen beim Verbrennen CO2 wird. Dennoch gibt es auch beim wichtigsten klimaschädlichen Gas Unsicherheiten - vor allem in der Agrarindustrie. Deshalb bauen die Atmosphärenforscher derzeit ein europaweites Messnetz auf. Kontrolle ist einfach besser.

© SZ vom 26.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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