Erdbeben:Beben-Häufung ist reiner Zufall

Seit 2004 ist es zu einer Reihe sehr schwerer Erdbeben gekommen. Manche Seismologen sehen darin eine Häufung, eine Art Erdbebenkrampf. Kalifornische Wissenschaftler haben diese These nun widerlegt.

Christopher Schrader

Sumatra 2004, 2005 und 2007, Kurillen 2006, Samoa 2009, Chile 2010, Japan 2011: Aus dieser Liste der schwersten Erdbeben vergangener Jahre lesen manche Seismologen eine Häufung heraus.

Japans bitterster Tag

In den Jahren 2004 bis 2011 gab es eine Reihe schwerster Erdbeben mit katastrophalen Folgen (Bild: der japanische Ort Otsuchi Anfang dieses Jahres.)

(Foto: Yomiuri Shimbun/Motoki Nakashima/AP/dapd)

Seit dem Jahr des Weihnachtstsunamis 2004, als mehr als 230 000 Menschen am Indischen Ozean starben, erlebe der Planet eine Art Erdbebenkrampf wie schon zwischen 1950 und 1965. Diese These ist in der Wissenschaft umstritten. Zwei kalifornische Forscher widerlegen sie jetzt: Die Erdbebenstatistik unterscheide sich nicht von einer zufälligen Verteilung solcher Ereignisse (PNAS, online).

Peter Shearer von der Scripps-Institution in San Diego und sein Kollege Philip Stark von der Universität Berkeley haben alle Erdstöße ab Stärke 7,0 zwischen dem Jahr 1900 und August 2011 analysiert; nur Nachbeben haben sie ausgeschlossen. In der Tat sei zurzeit die Rate schwerer Beben mit Magnitude 8,0 oder mehr auf einem Rekordwert.

Aber ähnlich hohe Werte habe es schon mehrfach gegeben: Anfang des 20. Jahrhunderts sowie in den 1950er, 60er und 90er-Jahren. Zudem sei die Rate schwächerer Beben unauffällig. "Es ist schwer, sich einen physikalischen Mechanismus vorzustellen, der nur die größten Beben verstärkt", schreiben sie.

Die Forscher vergleichen die reale Auflistung der Beben mit 100.000 nach dem Zufallsprinzip simulierten Verteilungen. 85 Prozent davon weisen irgendwann eine ähnliche Häufung auf wie sie zurzeit vorliegt. Nicht einmal die Pause für Erdbeben von Stärke 8,5 oder mehr, von denen es zwischen 1966 und 2003 keines gab, halten die Forscher für ungewöhnlich.

Auch solche an sich seltenen Ereignisse treten relativ häufig auf, wenn man alle Ausreißer zulässt und sich erst nachher festlegt, auf welchen genau man gewartet hat. Nicht mehr an Zufall würden Shearer und Philip glauben, wenn es 2012 drei Erdbeben ab Stärke 8,5 gäbe.

Die Frage, ob sich schwere Erdbeben häufen, war berechtigt", sagt Jochen Zschau vom Geoforschungszentrum Potsdam, "jede andere Antwort hätte mich gewundert." Allerdings könnten Kritiker der Studie zu Recht fragen, ob es korrekt war, Nachbeben aus der Statistik auszuschließen. Mögliche Fehler dabei, so Zschau, veränderten nicht die Kernaussage: "Es gibt keinen Anhaltspunkt für eine Änderung der globalen Erdbebenaktivität."

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