Entwicklungshilfe:Latrinen-Lotterie sorgt für bessere Hygiene

Nachbarschaftsneid: In armen Ländern werden Beihilfen zum Bau einer einfachen Toilette verlost. Das spornt auch die Verlierer an, für ein eigenes Klo Geld auszugeben.

Von Christopher Schrader

Um den Bau hygienischer Latrinen in armen Ländern zu fördern, sind womöglich Lotterien ein geeignetes Mittel. Bekommen Gewinner eine Subvention für die Kosten der Toilette, investieren nicht nur sie in eine solche Anlage; auch Nachbarn errichten dann ohne Beihilfe eine solche Anlage. Das hat ein Experiment amerikanischer Ökonomen in Bangladesch ergeben.

Etwa eine Milliarde Menschen erledigen ihr Geschäft regelmäßig im Freien. Die Fäkalien tragen zur Verbreitung von Durchfall und anderen Erkrankungen bei. Nach Schätzungen von Ärzten kosten mangelnde Abwassersysteme 280 000 Menschenleben pro Jahr.

Daher haben viele Organisationen Programme aufgelegt, um den Bau einfacher, hygienischer Latrinen zu fördern. Indiens Ministerpräsident Narendra Modi hat erklärt, Toiletten seien wichtiger als Tempel; in seinem Land benutzt nicht einmal die Hälfte der Bürger Latrinen.

30 Prozent der Erwachsenen gehen ins Gebüsch

Unter Ökonomen ist die Wirkung von Subventionen für den Latrinenbau allerdings umstritten. Das Team um Raymond Guiteras von der University of Maryland hat darum ein Experiment im Nordwesten des muslimisch geprägten Bangladesch gestartet.

Dort gehen 30 Prozent der Erwachsenen zum Stuhlgang ins Gebüsch, die Hälfte nutzt eine hygienische Latrine mit Wasserspülung. 380 Gemeinden wurden zufällig einer von fünf Gruppen zugeteilt. Sie bekamen entweder keinerlei Hilfe, nur Gesundheitsinformationen über Latrinen oder nur technische Hinweise. Zwei konnten zusätzlich an einer Lotterie für Beihilfen teilnehmen (Science, online).

Kulturelle Vorbehalte gegen Latrinen

Nur die Zuschüsse bewirkten einen nennenswerten Effekt. Die Zahl der Latrinenbesitzer unter den Lotteriegewinnern stieg um 22 Prozentpunkte. Nicht alle nutzten die Chance, weil sie noch 40 Prozent der Kosten schultern mussten: je nach Modell der Latrine 13 bis 22 US-Dollar. Aber auch unter Nachbarn, die nichts bekommen hatten, stieg die Zahl der Latrinenbesitzer um 8,5 Prozentpunkte.Zugleich nahm der Anteil der Menschen, die sich im Freien erleichterten, um 14 Prozentpunkte ab.

Beobachter begrüßen die Klarstellung, warnen aber auch davor, die Ergebnisse zu generalisieren. Im Nachbarland Indien gebe es kulturelle Vorbehalte gegen Latrinen. Hindus sei der Gedanke ein Gräuel, dass sich Fäkalien in einer Grube ansammelten. Sie später zu entfernen, sei im Kastendenken nur den sogenannten Unberührbaren erlaubt, bekräftigte soeben ein Institut in Delhi.

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