Entstehung des Lebens:Vom Tümpel in die Welt

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Das Leben, so wurde bislang vermutet, ist vor vier Milliarden Jahren in den Ozeanen entstanden. Jetzt schlagen Physiker einen alternativen Geburtsort vor.

Katrin Blawat

Wo ist das Leben entstanden? In Tümpeln in vulkanisch aktiven Gebieten, vermutet ein Team um den Physiker Armen Mulkidjanian von der Universität Osnabrück ( PNAS, online). Damit stellen die Forscher die verbreitete Ansicht in Frage, das Leben sei in der Tiefsee entstanden.

Es sind Bakterien, die hinter den bunten Farben dieser heißen Quelle im Yellowstone-Nationalpark stecken. Ist das Leben in Tümpeln in vulkanisch aktiven Gebieten entstanden? (Foto: AFP)

Dagegen sprechen Mulkidjanian zufolge vor allem die Konzentrationen verschiedener Ionen und Verbindungen, etwa von Kalium, Natrium, Zink und Mangan. Die Forscher nehmen an, dass die Konzentrationen in heutigen Zellen denen in lebenden Strukturen der Urzeit entsprechen.

Diese Konzentrationen unterscheiden sich aber teils deutlich von jenen, wie sie vermutlich im urzeitlichen Meerwasser herrschten. Kalium, Zink und Phosphate seien in Zellen in größeren Mengen enthalten als im Ozean.

Die ersten Zellen auf der Erde verfügten noch nicht - wie heutige Zellen - über Mechanismen, um Teilchen gezielt nach innen oder außen transportieren zu können. Stattdessen gelangten Ionen ungehindert durch die Zellmembran.

Daraus folgern die Forscher, dass sich die Zellen in einer Umgebung entwickelt haben, in der zum Beispiel Ionen gleichermaßen konzentriert waren wie in ihrem eigenen Inneren. Mulkidjanian vermutet daher als Entstehungsort des Lebens Tümpel, die sich in Vulkangebieten aus kondensiertem Dampf gebildet haben. Solche Regionen könne man sich ähnlich dem heutigen Yellowstone-Park in den USA vorstellen. Erst aus den Tümpeln heraus seien die lebenden Strukturen in die Ozeane gelangt.

In den vergangenen Jahren hatten Forscher immer wieder neue Theorien über den Entstehungsort des Lebens aufgestellt. Viele Wissenschaftler halten Vulkanschlote am Meeresgrund für die Lösung des Rätsels. Aber auch Meereis oder Tonsedimente in Tümpeln waren bereits in der Diskussion.

Gegen Mulkidjanians Pfützen-Theorie spricht allerdings, dass heutige, durch Dampf entstandene Tümpel oft sauer und damit für viele Organismen lebensfeindlich sind. Dieser Einwand treffe nicht auf die Tümpel der Urzeit zu, entgegnen die Autoren. Damals habe die Atmosphäre weniger Sauerstoff enthalten. Das habe jene chemischen Reaktionen verhindert, dank denen sich das Tümpelwasser heute ansäuert.

Auch den Einwand, in den Pfützen seien die ersten Zellen nur unzureichend vor der damals noch sehr starken UV-Strahlung geschützt, lassen die Forscher nicht gelten. Schwefelverbindungen in den Tümpeln hätten vor den Strahlen effektiver geschützt, als dies im Meerwasser möglich gewesen sei. Trotz dieser Argumente wird aber wohl die Diskussion um den Entstehungsort des Lebens andauern.

© SZ vom 14.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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