Energiespeicher:Sauberer Strom nach Bedarf

Tesla Unveils New Battery System

Powerwall von Tesla: Die Batterie soll Haushalte von den Energiekonzernen unabhängig machen.

(Foto: Kevork Djansezian/AFP)

Immer mehr Hausbesitzer nutzen Batterien, um die Energie ihrer Solaranlage zu speichern. Die Technik könnte die Stromversorgung stabiler und günstiger machen.

Von Ralph Diermann

Legere Kleidung, lässiger Plauderton, ein Auditorium voller Fans: Tesla-Chef Elon Musk hatte sich wohl die legendären Apple-Präsentationen zum Vorbild genommen, als er 2015 erstmals einen Batteriespeicher für Haushalte vorstellte. Der Auftritt wurde zum Hit auf der Videoplattform Youtube. Mehr als drei Millionen Menschen haben ihn bislang angesehen. Dabei zeigte Musk lediglich einen flachen weißen Kasten, der nicht mehr kann, als Strom aufzunehmen und wieder abzugeben. Nach dem Auftritt gingen so viele Bestellungen für den Energiespeicher ein, dass er bis Mitte 2016 ausverkauft ist.

Wie andere Batteriehersteller profitiert auch Tesla vom weltweiten Boom der Solarenergie. Immer mehr Menschen installieren Photovoltaik-Anlagen, um sich selbst mit Energie zu versorgen. Der Strom vom Dach ist deutlich günstiger als der, den die Versorger liefern. Allerdings produzieren die Anlagen dann am meisten Energie, wenn Haushalte im Allgemeinen nur wenig davon brauchen - in den Mittagsstunden. Nach Feierabend dagegen, wenn Waschmaschine und Fernseher laufen, haben die Solaranlagen längst ihren Dienst eingestellt. Daher gelingt es den Bewohnern kaum, mehr als 30 Prozent ihres Solarstroms selbst zu verbrauchen.

Hausbatterien als Puffer für das Stromnetz

Andere Hersteller bieten schon länger Batterien für Solaranlagen an. Wie Teslas Energiespeicher sollen die Geräte Erzeugung und Verbrauch besser in Einklang bringen. Mit einer Batterie im Keller könnten bis zu siebzig Prozent des eigenen Solarstroms verbraucht werden. In Deutschland sind heute bereits 25 000 Haushaltsspeicher installiert. Angesichts der stetig sinkenden Batteriepreise erwarten Marktforscher, dass die Zahl bis 2020 auf 170 000 steigen wird.

Die meiste Zeit des Tages stehen die Speicher für den Sonnenstrom jedoch ungenutzt im Keller. Wenn nämlich die Batterien abends leer sind, bleiben sie das mindestens bis zum nächsten Vormittag - und bei dunklen Wolken oder an kurzen Wintertagen noch länger. Damit bleiben Kapazitäten ungenutzt, die eine wichtige Funktion für die Energiewende übernehmen könnten: die eines Puffers, der überschüssige Energie aus dem Stromnetz aufnimmt und bei Bedarf wieder abgibt. Denn je mehr Windräder und Solaranlagen installiert werden, desto stärker schwankt die Strommenge, die ins Netz fließt. "Wir brauchen Batterien als Kurzzeitspeicher, um die Wind- und Solarenergie in das Energiesystem zu integrieren", sagt Günther Ebert vom Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme. Dabei komme den Speichern der hohe Wirkungsgrad zugute. "Sie verlieren beim Ein- und Ausspeichern kaum Energie und eignen sich deshalb bestens, um Strom für Minuten, Stunden oder maximal einen Tag zu speichern."

Die Forscher haben die Idee des Cloud-Computing auf das Speichern von Strom übertragen

Forschung und Industrie erproben derzeit in mehreren Pilotprojekten, wie sich die Solarspeicher in den Dienst des Energiesystems stellen lassen, ohne dass deren Besitzer Abstriche beim Eigenverbrauch machen müssen. Eines davon ist das "Green2Store"-Konzept, das der Oldenburger Energieversorger EWE zusammen mit der TU Braunschweig und weiteren Partnern entwickelt hat. Die Forscher haben neun Haushaltsspeicher sowie drei industriell genutzte Batteriepakete über das Internet miteinander vernetzt, sodass ein virtueller Großspeicher entsteht. Eine IT-Plattform erfasst laufend die freien Kapazitäten und bietet sie gebündelt Netzbetreibern und Stromhändlern an. "Wir haben die Idee des Cloud Computing auf das Speichern von Strom übertragen", sagt Projektleiter Magnus Pielke von EWE.

Eine Software soll diktieren, wann die Waschmaschine anspringt

Noch läuft das System erst im Testbetrieb. Doch schon jetzt zeichnen sich mehrere konkrete Anwendungsmöglichkeiten ab. Zieht etwa ein Sturm auf, müssen Windräder in Nord- und Ostdeutschland gelegentlich gedrosselt oder gar abgeschaltet werden, weil es an Leitungen fehlt, die den Strom Richtung Süden transportieren. Solche Situationen ließen sich entschärfen, wenn die Batterien einen Teil des Windstroms aufnehmen. Des Weiteren könnten sie eingesetzt werden, um kurzfristig Frequenzschwankungen im Stromnetz auszugleichen und so einen Blackout zu verhindern. Da die Netzbetreiber verlangen, dass die Kapazitäten rund um die Uhr zur Verfügung stehen, müssten die Eigentümer dafür allerdings einen Teil ihrer Batterieleistung frei halten.

Vor allem aber haben die Forscher die lokalen Verteilnetze im Visier, die durch den Solarboom mancherorts kräftig unter Druck geraten sind. "Die Leitungen sind darauf ausgelegt, Strom zu den Verbrauchern vor Ort zu transportieren. Nicht jedoch darauf, große Mengen an Solarenergie aufzunehmen. Deshalb kommt es dort immer wieder zu Engpässen", sagt Pielke. Im Normalbetrieb können Haushaltsspeicher das nicht verhindern, da sie an sonnigen Tagen oft schon am frühen Mittag vollgeladen sind - also bevor die Photovoltaik-Anlagen ihr Maximum erreichen. "Wir lassen daher die Netzbetreiber entscheiden, wann die Batterien geladen werden." So könne es sinnvoll sein, statt um neun Uhr morgens erst zwei oder drei Stunden später mit dem Speichern zu beginnen, um die Leitungen in den kritischen Mittagsstunden zu entlasten. "Für die Haushalte ändert sich dadurch nichts. Der Speicher ist voll, wenn sie ihn brauchen", sagt Pielke.

Noch einen Schritt weiter gehen RWE und die Konzerntochter Lechwerke mit einem Konzept, das sie derzeit in der Wertachau testen, einer isoliert gelegenen Einfamilienhaus-Siedlung südlich von Augsburg. Dort haben sie acht Batteriespeicher mit 23 Solaranlagen und drei Ladestationen für Elektroautos vernetzt. Darüber hinaus sind vierzig Waschmaschinen, Trockner und Geschirrspüler in das System eingebunden, die sich per Fernsteuerung einschalten lassen. "Wir wollen das vorhandene Stromnetz im Ort besser nutzen", sagt Stefan Willing von RWE. "Dazu verschieben wir gezielt Stromverbrauch in jene Zeiten, in denen die Photovoltaik-Anlagen der Siedlung viel Strom erzeugen."

Der Computer bestimmt, wann Waschmaschine und Geschirrtrockner laufen

Herzstück des Systems ist eine Software, die im Minutenabstand den Ertrag der Solaranlagen, den Ladestand der Speicher und den Stromverbrauch der teilnehmenden Haushalte erfasst. Zudem greift sie auf Wetterprognosen zu. Ein von der RWTH Aachen entwickeltes Computerprogramm wertet all diese Daten aus und weist jedem Haushalt eine Art Verbrauchsfahrplan zu. Dezentrale Steuergeräte setzen diesen dann um, beispielsweise indem sie eine Waschmaschine innerhalb eines zuvor von den Bewohnern festgelegten Zeitraums selbsttätig einschalten. Oder indem sie einzelne Batterien mittags nicht voll laden, weil für den Nachmittag viel Sonnenschein erwartet wird. Nach fast eineinhalb Jahren Praxistest zieht Willing eine positive Zwischenbilanz: "Das vorhandene Ortsnetz kann nun mehr Strom aus den Photovoltaik-Anlagen der Siedlung aufnehmen."

Ob sich dieses Modell in der Breite umsetzen lässt, ist allerdings fraglich. Denn es setzt voraus, dass sehr viele Haushalte bereit sind, sich von einer Software diktieren zu lassen, wann sie Wäsche waschen oder Geschirr spülen sollen. Locken könnte sie wohl nur ein attraktiver finanzieller Anreiz; etwa durch variable Stromtarife, die den netzdienlichen Energieverbrauch honorieren. Solche Tarife könnten auch die Speicherbesitzer motivieren, ihre Batterien im Sinne des Energiesystems einzusetzen, sagt Fraunhofer-Forscher Ebert. "Bislang bietet aber kaum ein Energieversorger flexible Tarife an. Und wenn, dann ist die Spreizung zwischen den günstigen und teuren Zeiten viel zu gering."

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